Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter galt von Beginn weg als Favoritin. Erwartungsgemäss hat die FDP-Fraktion die 54-jährige St. Gallerin nun aufs Ticket für die Wahl vom 5. Dezember gesetzt. Sie erhielt 38 von 41 Stimmen.
Keller-Sutter war schon 2010 Kandidatin gewesen. Damals zog das Parlament aber Johann Schneider-Ammann vor. Nun hat sie gute Chancen, dessen Nachfolge anzutreten. "Ich freue mich sehr", sagte sie am Abend vor den Medien in Bern. Sie bedankte sich für den Vertrauensbeweis. Dieser gebe ihr Ruhe und Kraft für den weiteren Parcours.
Weniger klar war, welcher der beiden anderen Kandidaten einen Platz auf dem Ticket erhalten würde. Möglich wäre auch ein Einerticket oder ein Dreierticket gewesen. Die FDP-Fraktion hat sich nun für ein Zweierticket entschieden. Neben Keller-Sutter nominierte sie den 54-jährigen Nidwaldner Ständerat Hans Wicki. Er setzte sich mit 29 von 41 Stimmen gegen den Schaffhauser Regierungspräsidenten Christian Amsler durch.
Keller-Sutter und Wicki sassen beide früher in der Kantonsregierung und haben somit beide Exekutiverfahrung. Wicki bringt auch unternehmerische Erfahrung mit. Dennoch dürfte er gegen Keller-Sutter einen schweren Stand haben am 5. Dezember.
Anders als 2010 kann die gelernte Konferenzdolmetscherin und Pädagogin diesmal auch mit Unterstützung von Mitte-links rechnen. Vor acht Jahren hatte sie als Asyl-Hardlinerin gegolten. In der Zwischenzeit widmete sie sich anderen Themen und machte sich einen Namen als Brückenbauerin, namentlich bei der Reform der Altersvorsorge.
"Ich verkenne meine Situation selbstverständlich nicht", sagte Wicki. Trotzdem werde er kämpfen und zu überzeugen versuchen. Er stelle seine Kandidatur unter das Motto "das Unmögliche möglich machen". Sein Vorteil sei, dass er zehn Jahr lang national und international in Führungspositionen in der Privatwirtschaft tätig gewesen sei. Dass die CVP sich für ein reines Frauenticket entschieden hat, sieht Wicki dagegen nicht als Vorteil für sich, wie er auf eine entsprechende Frage sagte.
Erneut zur Sprache kamen auch die Fremdsprachenkenntnisse. Wicki räumte ein, dass sein Französisch gelitten habe in den letzten Jahren. Er zeigte sich aber überzeugt, dass er die sprachlichen Fähigkeiten schnell verbessern könnte im Bundesrat - und dass in den Hearings der Fraktionen anderes mehr zählen wird. Ausserdem sei es sein Recht, im Bundeshaus seine eigene Sprache zu sprechen, sagte Wicki.
Keller-Sutter musste ihrerseits erklären, warum sie sich in den vergangenen Wochen so zurückhaltend zu politischen Fragen geäussert habe. Sie erklärte dies mit ihrer Rolle als Ständeratspräsidentin. Ratspräsidentinnen und -präsidenten nähmen nicht zu politischen Fragen Stellung. Jetzt sei sie aber offizielle Kandidatin und habe keine Verpflichtungen mehr als Ratspräsidentin.
Nicht im Vordergrund steht diesmal die Herkunft der Kandidierenden. Beide Regionen können ihren Anspruch begründen: Die Ostschweiz war schon lange nicht mehr im Bundesrat vertreten, der Kanton Nidwalden stellte noch nie ein Bundesratsmitglied. Er sei sogar der erste Kandidat aus Nidwalden, sagte Wicki.
Auch der Kanton Schaffhausen hatte auf einen Bundesrat gehofft. Christian Amsler zeigte sich denn auch etwas enttäuscht über sein Ausscheiden. Aber er nehme es sportlich, sagte er. Amsler hatte von Anfang an als Aussenseiter gegolten. Ihm wurde wohl zum Verhängnis, dass er in Bern weniger vernetzt ist als die Konkurrenz.
Parteipräsidentin Petra Gössi und Fraktionspräsident Beat Walti zeigten sich zufrieden. Die Partei habe ein Luxusproblem zu lösen gehabt, sagte Walti. Drei ausgezeichnete Kandidierende seien zur Verfügung gestanden. Die Fraktion habe sich für ein Zweierticket entschieden, weil sie nicht den Weg des geringsten Widerstands habe gehen wollen. Das gute Abschneiden von Keller-Sutter erklärt sich Walti mit dem starken Bedürfnis der Partei, mit einer Frau im Bundesrat vertreten zu sein.