Bundesgericht lehnt Beschwerde ab
Motorsägen-Mann von Schaffhausen muss in Therapie

Der Motorsägen-Mann von Schaffhausen muss nicht in den Knast – sondern in Therapie. F.W. legte dagegen Beschwerde ein. Er wollte nicht in Therapie. Doch das Bundesgericht lehnte ab.
Publiziert: 07.05.2021 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2021 um 11:56 Uhr
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Das Kantonsgericht Schaffhausen schickte F.W. in eine stationäre Massnahme.
Foto: Andrea Brunner

Das Bundesgericht hat die Beschwerde von F.W. (51) abgelehnt. Der 51-Jährige hatte im Juli 2017 in Schaffhausen zwei Personen mit einer Kettensäge verletzt. Aufgrund einer psychischen Erkrankung war eine stationäre Massnahme gegen ihn verhängt worden.

Am 24. Juli 2017 hatte der Mann in der Schaffhauser Filiale der CSS-Versicherung mit laufender Motorsäge Mitarbeitende angegriffen. Zwei Männer wurden durch die Säge verletzt; ein Paar, das sich gerade beraten liess, erlitt einen Schock. Der Verurteilte wurde am Tag darauf festgenommen.

Laut einem psychiatrischen Gutachten litt der damals 51-Jährige an einer schweren Form von paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie. Das Kantonsgericht Schaffhausen sprach ihn der mehrfachen versuchten, vorsätzlichen Tötung schuldig. Wegen seiner psychischen Erkrankung sei er jedoch nicht schuldfähig. Das Gericht verhängte deshalb eine stationäre Massnahme nach Artikel 59. Das heisst, dass der Angreifer eine Therapie erhält, um eine Rückfallgefahr zu verringern.

Begründete seinen Angriff mit «Geisteskräften»

In seiner Beschwerde forderte der Mann die Annullierung dieser Strafe, da der Angriff eine so genannte Putativnotwehr darstellte. Dabei handelt es sich um eine Notwehr, bei der eine Person irrtümlicherweise meint, sie werde angegriffen.

Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat gemäss Artikel 13 des Strafgesetzes «zugunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat».

Der Mann hatte den Angriff vor Gericht mit «Geisteskräften» begründet, die auf ihn wirken würden. Die Mitarbeiter des Krankenkassenbüros hätten ihn mit ihren negativen Kräften umbringen wollen. Da habe er sich mit der Motorsäge zur Wehr gesetzt.

Fehlvorstellung über die «objektive» Wirklichkeit

Das Bundesgericht wies die Interpretation der Putativnotwehr in seinem am Freitag veröffentlichten Urteil zurück, obwohl der Artikel 13 des Strafgesetzes den Begriff «irrige Vorstellung» nicht weiter umschreibe und zu den Ursachen des Irrtums keine Aussage treffe.

Für das Bundesgericht biete der vorliegende Fall die Gelegenheit, krankheitsbedingte von gewöhnlichen Irrtümern zu unterscheiden, heisst es in dem Urteil. Der psychisch «gesunde» Irrende habe eine Fehlvorstellung über die «objektive» Wirklichkeit.

Für eine an Schizophrenie leidende Person sei dagegen bereits diese «objektive» Wirklichkeit nicht wahrnehmbar. Krankheitsbedingt habe sie eine eigene, subjektive Wirklichkeit, die nicht mehr kritisch hinterfragt werden könne.

Wer daher aufgrund einer psychischen Krankheit «irre», irrt gemäss Bundesgericht nicht im Sinne von Artikel 13 des Strafgesetzes. Die irrige Annahme eines schuldunfähigen Beschuldigten, sei unbeachtlich, wenn sie auf die zur Schuldunfähigkeit führende Erkrankung des Beschuldigten zurückgehe. (SDA/jmh)

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