Bundesfinanzen
Bund erwartet erneut Überschuss statt Defizit

Der Bund hat ein weiteres Mal mehr Geld in der Kasse als erwartet. Das Finanzdepartement rechnet derzeit für das Jahr 2016 mit einem Überschuss von 1,7 Milliarden Franken. Budgetiert war ein Defizit von 500 Millionen Franken. Das nächste Sparprogramm kommt trotzdem.
Publiziert: 24.08.2016 um 17:50 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 21:40 Uhr
Der Bund hat für das laufende Jahr ein Defizit budgetiert. Nun rechnet er aber mit einem Überschuss. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Der Bundesrat hat am Mittwoch von der Hochrechnung Kenntnis genommen. Demnach liegen die ordentlichen Einnahmen um 1,2 Milliarden Franken über dem Budget, die ordentlichen Ausgaben um 1 Milliarde darunter.

Dass Ende Jahr in der Bundeskasse 2,2 Milliarden Franken mehr sein könnten als budgetiert, erklärt das Finanzdepartement (EFD) grösstenteils mit «Sonderfaktoren», die auf die Negativzinsen zurückzuführen sind.

Diese haben zur Folge, dass mehr Unternehmen ihre direkten Bundessteuern vorzeitig zahlen: Statt im Fälligkeitsjahr 2017 werden die Steuern bereits im laufenden Jahr gezahlt, weil das Geld beim Bund besser angelegt ist. Das führt zu Mehreinnahmen gegenüber dem Budget von 900 Millionen Franken.

Zudem wird wegen der Negativzinsen die Verrechnungssteuer verzögert zurückgefordert. Die Einnahmen dürften dadurch um 300 Millionen über dem Budget liegen. Auf der Ausgabenseite verbucht der Bund wegen der gesunkenen Zinssätze höhere Aufpreise auf Bundesanleihen (Agios) als budgetiert. Das führt zu Minderausgaben von 600 Millionen Franken.

Die Sonderfaktoren verzerrten die Finanzierungsrechnung stark, sagte Serge Gaillard, der Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, vor den Medien in Bern. Der Bund müsse Mehreinnahmen verbuchen, die keine eigentlichen Mehreinnahmen seien. Es handle sich bloss um eine Verschiebung auf der Zeitachse. Das Geld werde in den nächsten Jahren fehlen. Ein Problem ist das laut Gaillard nicht: Dafür sei das Ausgleichskonto da. Es handle sich lediglich um ein «Kommunikationsproblem».

Die Steuerverwaltung habe sich deshalb erlaubt, eine bereinigte Hochrechnung vorzulegen. Ohne die Sonderfaktoren würde ein Defizit von 100 Millionen Franken resultieren. Das sei sehr nahe am Voranschlag.

Um 400 Millionen tiefer ausfallen als budgetiert dürfte indes der Mehrwertsteuerertrag. Der Grund dafür ist, dass sich das nominelle Bruttoinlandprodukt etwas schwächer entwickelt als prognostiziert wurde. Weitere Minderausgaben resultieren bei den Kosten für die Teilnahme der Schweiz an Forschungsarbeiten der EU und den Leistungen des Bundes an die AHV und IV.

Der Rest verteile sich auf die gesamte Bundesverwaltung und zeuge von einer hohen Budgetdisziplin, schreibt das EFD. Die Kreditaufstockungen von 1,1 Milliarden Franken würden durch die Kreditunterschreitungen von rund 2,1 Milliarden Franken mehr als kompensiert.

Laut Gaillard kann die Finanzverwaltung die «unechten» Mehreinnahmen beziehungsweise Minderausgaben heute aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht anders verbuchen. Änderungen sind aber geplant: Ab kommendem Jahr werden die Agios anders verbucht. Der Sondereffekt wird damit korrigiert.

Was die Vorauszahlungen bei den direkten Bundessteuern betrifft, werden Änderungen geprüft. Es wäre möglich, dass der Bundesrat den Zins im Herbst auf Null senke, sagte Peter Schwendener, Vizedirektor der Finanzverwaltung. Geprüft werde zudem, ob die Regeln zur Rechnungslegung geändert werden sollen. Um die Zahlungen im Jahr der Forderung zu verbuchen, wären allerdings sehr viele Daten nötig. Letztlich zeige die Situation, dass die Leute lernten, mit Negativzinsen umzugehen und zu optimieren, stellte Gaillard fest.

Fest steht, dass der Bund trotz der neuen Zahlen an den geplanten Sparprogrammen festhalten will. Er geht davon aus, dass die kurzfristigen Zinssätze im Jahr 2018 wieder positiv sind. In diesem Fall würden sich die Vorauszahlungen und Rückforderungen wieder normalisieren.

Ab 2018 drohten nach wie vor strukturelle Defizite von bis zu 2 Milliarden Franken, sagte Gaillard. Der Bundesrat werde deshalb im zweiten Halbjahr wie angekündigt ein weiteres Sparpaket für die Jahre 2018 bis 2020 vorlegen, unter Berücksichtigung der neuen Ausgangslage.

Der Bundeshaushalt stand in den letzten Jahren oft besser da als erwartet. 2015 betrug der Überschuss 2,3 Milliarden Franken. Budgetiert war ein Überschuss von 400 Millionen Franken.

2013 resultierte bei einem budgetierten Defizit von 400 Millionen ein Überschuss von 1,3 Milliarden Franken. 2012 hatte der Bund eine ausgeglichene Rechnung budgetiert - und einen Milliardenüberschuss erzielt. Nur im Jahr 2014 resultierte ein Defizit von 124 Millionen statt eines Überschusses von 121 Millionen Franken. Es handelte sich um das erste Defizit seit 2005.

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