Am nächsten Samstag ist es wieder soweit: Kaum haben die Sommerferien begonnen, ziehts Unzählige in den Süden. Auto an Auto reiht sich vor dem Gotthard – kilometerweit.
Im vergangenen Jahr standen Autos auf Schweizer Nationalstrassen insgesamt über 20'000 Stunden im Stau. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp halb so viele. Am Gotthard kam es 2014 an 149 Tagen zu Stau. Das besagen Zahlen des Bundesamts für Strassen (Astra).
Doch die Zahlen täuschen – beziehungsweise das Astra täuscht uns, wirft die «Rundschau» dem Bund vor. Staut sich der Verkehr nämlich auf einer Länge von mindestens 13 Kilometern vor dem Nordportal, gibt es dazwischen dank eines Ampelsystems staufreie Abschnitte von rund fünf Kilometern. Das Astra zählt diese Strecke aber ebenfalls zur Gesamtstaulänge, wie Sprecher Thomas Rohrbach gegenüber dem SRF bestätigt.
Mehr Staus, aber nicht mehr Verkehr
Liefen Mini-Staus von maximal zehn Minuten Wartezeit früher zudem unter «stockender Verkehr», meldet das Astra diese nun als «1 Kilometer Stau». Gab es letztes Jahr vier solcher Meldungen, waren es 2014 bereits 195. Insgesamt nahm der Gesamtverkehr in dieser Zeitperiode um gerade einmal 1.7 Prozent zu.
Die Urner Kantonspolizei ärgert sich über die Stau-Polemik des Bundes. Auf Meldungen über Mini-Staus könne man verzichten, sagt Polizeikommandant Reto Habermacher. «Das sind sehr viele Staus, die sich kurz bilden, weil ein Fahrzeug nicht anfahren konnte, und sich zehn Minuten später wieder auflösen.» Für die Polizei sei massgebend, dass «die Staulänge exakt angegeben wird». «Nur so ist die Fahrzeit bis in den Tunnel berechenbar.»
«Wir erfinden keine Staus»
SP-Nationalrätin Evi Allemann ist überzeugt, dass das Bundesamt «mit diesen Stauzahlen bewusst politische Stimmung» macht. Sie spricht gar von Manipulation. «Das Ziel des Astra ist es, die Abstimmung über die zweite Gotthard-Röhre zu beeinflussen.»
Astra-Sprecher Rohrbach winkt ab. Man habe weder ein politisches Interesse an Staus, noch erfinde man sie. (lha)