In den nächsten 20 Jahren verschwinden durch die digitale industrielle Revolution die Hälfte der heute in den USA existierenden Jobs. Das geht aus einer Untersuchung der Universität Oxford hervor. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, droht dieses Schicksal auch der Schweiz: Mehrere hunderttausend Arbeitsplätze sollen abgeschafft werden.
Hierzulande besonders stark von der Digitalisierung betroffen wären Büroangestellte. Die Studie beziffert die Wahrscheinlichkeit, dass sie wegautomatisiert werden, auf satte 96 Prozent. Noch schlechtere Prognosen haben einzig Kassierer bei den Detailhändlern.
«Allgemein wird erwartet, dass der Detailhandel eine der ersten Branchen sein wird, die aufgrund der Digitalisierung auf den Kopf gestellt wird», schreibt die Zeitung. In einigen amerikanischen Ladenketten sind bereits jetzt Roboter im Einsatz, die für die Kunden etwa die Ware aus dem Regal holen oder ihnen zeigen, wo genau sie Milch, WC-Papier oder Katzenfutter finden.
Swiss Re setzt bereits auf künstliche Intelligenz
Während durch den technischen Fortschritt in den letzten Jahrzehnten vor allem Routinetätigkeiten automatisiert wurden, werden laut den Studienautoren bis in 20 Jahren auch für höher qualifizierte Arbeit nur noch wenige Menschen nötig sein. Im Zukunftsszenario der Oxford-Forscher übernehmen Software und Maschinen die Führung von Personalakten, die Verwaltung von Lager und die Erstellung von Bilanzen.
Als einer Treiber dieser vierten industriellen Revolution gilt die Datenanalyse. So erkennt der Computer Watson von IBM bereits heute Sprache und Bilder. Er macht unstrukturierte Datensätze, wie E-Mails, Studien und Gesundheitsdaten einfach zugänglich. Der Rückversicherer Swiss Re setzt als erste Schweizer Firma Watson ein. Der Computer soll Risiken einschätzen oder Schäden beurteilen.
Roboter sind die neuen Sündenböcke
Durch die Automatisierung sollen aber nicht nur Jobs verschwinden, sondern auch Zeit für andere Aufgaben freigesetzt werden. Kaufleute beispielsweise werden demnach vorwiegend Aufgaben erledigen, die zu komplex sind um automatisiert zu werden oder die persönliche Kontakte und Sozialkompetenz voraussetzen.
Ob sich für diese neu entstehenden Jobs die bisherige Gruppe von Arbeitnehmern qualifiziert, ist allerdings unsicher. Erik Brynjolfsson, Professor für Betriebsökonomie am Massachusetts Institute of Technology, befürchtet soziale Konflikte. Zu Sündenböcken würden nebst Migranten neu auch Roboter gemacht. Brynjolfsson rät zu einer Neuerfindung der Bildung. «Wir müssen den Menschen nicht nur Fakten beibringen, denn Maschinen lernen diese sehr gut auswendig», sagt der Wissenschafter im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Der Schwerpunkt solle vielmehr auf Kreativität und Sozialkompetenz gelegt werden.
Wie aus der Managerumfrage der «SonntagsZeitung» hervorgeht, fasst jedes sechste Unternehmen einen Stellenabbau ins Auge. Die schleichende Deindustrialisierung infolge der Frankenstärke dürfte 2016 weitergehen. Der Präsident des Unternehmensdachverbandes Economiesuisse, Heinz Karrer, macht sich «grosse Sorgen» um die Schweizer Wirtschaft. Im vergangenen Jahr seien Tausende Arbeitsplätze ins Ausland verlagert oder abgebaut worden. «Ich befürchte, dass dieser Prozess erst am Anfang steht, denn 2016 können wir keinen grossen Aufschwung erwarten», so Karrer.
Die digitale Revolution wird am kommenden Weltwirtschaftsforum WEF in Davos vom 20. bis 23. Januar ein Schwerpunktthema sein. (lex/SDA)
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