Man könne den Zweiflern ihre Fragen nicht verübeln, sagte Janom Steiner am Samstag in Seewis vor über 100 Delegierten und den alt Bundesräten Eveline Widmer Schlumpf und Samuel Schmid. Es treffe eben zu, dass sich «im Umfeld der Affäre» mehrere Parteiexponenten tummelten.
Das Verhalten Einzelner werde der Partei womöglich schaden, sagte die Finanzdirektorin. Es gehe um das «Handeln oder Nicht-Handeln unserer Exponenten». Janom Steiner spielte damit an auf allfällige Beteiligung an den illegalen Preisabsprachen und an mutmassliches Wegschauen von ebensolchen.
Ins Scheinwerferlicht geraten sind Parteimitglieder mit Nähe zu den involvierten Bauunternehmen, aber insbesondere beide Kandidaten der Partei für die Bündner Regierungswahlen im Juni. Es handelt sich um Volkswirtschaftsdirektor Jon Domenic Parolini und den - am Freitag zurückgetretenen - Parteipräsidenten Andreas Felix. Letzterer hätte den freiwerdenden Sitz von Janom Steiner verteidigen sollen.
«Die Welt ist nicht mehr in Ordnung», erklärte Janom Steiner unüberhörbar betroffen. «Und das sechs Wochen vor den Wahlen.»
Ein erster grosser Schaden ist der BDP aus dem Baukartell-Skandal im Unterengadin bereits erwachsen.
Nachdem die Wettbewerbskommission (Weko) den schweizweit bisher grössten Fall von Preisabsprachen im Baugewerbe am Donnerstag bekanntgemacht hatte, trat Felix Tags darauf als Parteipräsident der BDP Graubünden und als Kandidat für das Regierungsamt zurück. Er wird im Wahlkampf nicht ersetzt. Die Partei gibt damit ihren zweiten Sitz in der Regierung vorzeitig und kampflos auf.
Felix behauptet zwar, nichts von den Absprachen gewusst zu haben. Seine Rolle als Geschäftsführer des Graubündnerischen Baumeisterverbandes im Zusammenhang mit den illegalen Preisabsprachen war aber sofort zu einem Wahlkampfthema geworden.
Felix habe sich die notwendigen Fragen gestellt und habe reagiert, lautete Janom Steiners Kommentar. Dafür gebühre ihm Respekt. Auch andere Parteiexponenten im Umfeld des Baukartell-Skandals sollten sich «diese Fragen stellen», forderte sie.
Janom Steiners Worte standen im Kontrast zu denen ihrer Vorredner: BDP-Parteipräsident Martin Landolt, Wahlkampfleiter Gian Michael und auch der neue interimistische Parteipräsident der BDP Graubünden Bernhard Niggli stellten sich hinter Felix und setzten Fragezeichen hinter die Medienberichterstattung und die öffentliche Wahrnehmung.
Felix sei ins Spannungsfeld zwischen «Recht haben und Recht bekommen hineingeraten», sagte BDP-Chef Landolt. Seine Rücktritte zeugten von Mut, Rückgrat und Verantwortungsbewusstsein. Die Partei werde ihn nicht fallenlassen, versicherte der Parteipräsident.
Mit Blick auf die Wahlen vermieden es die Parteikader von einer Krise zu sprechen. Vielmehr schworen sie die Delegierten auf den für die Partei überaus wichtigen Wahltag vom 10. Juni ein. Die BDP tritt in Graubünden und Glarus an und damit gleich in zwei ihrer drei «Urkantone». Im Bündnerland werden Regierung und Parlament gewählt, im Glarnerland nur das Parlament.
Ihren Sitz in der Glarner Regierung konnte die Partei bereits Anfang März verteidigen. Recht gut lief es für die BDP auch Ende März in Bern, ihrem «dritten Urkanton». Die Partei verteidigte den Regierungssitz und konnte den Besitzstand im Parlament mit nur einem Sitzverlust beinahe wahren.