Brutaler und teurer Boom
Mountainbike-Unfälle nehmen zu

Ob in den Bergen, im Wald oder eigens dafür errichteten Schanzen-Parks: Mountainbike-Fahren ist im Trend. Das bringt viele und schwere Verletzungen mit sich. Spitäler und Versicherungen schlagen Alarm.
Publiziert: 19.07.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:53 Uhr
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Zunehmend steigen Unerfahrene aufs Mountainbike – oft mit bösen Folgen.
Von Joel Weibel

Die Schweiz geht auf die Piste – auch im Sommer. Überall entstehen Jump-Parks, Downhill-Strecken und andere Anlagen für Mountainbiker (siehe Box). Dort heizen sie steile Bergpassagen hinunter oder vollführen gewagte Sprünge. Doch der Fahrspass ist nicht ohne Risiko: Die Unfallzahlen schiessen in die Höhe, ebenso die Kosten.

Das Kantonsspital Chur hat für SonntagsBlick seine Statistik ausgewertet: Nach nur einem Viertel der Saison zählen die Mediziner in Chur bereits 64 Mountainbiker, die stationär behandelt werden mussten. Im gleichen Zeitraum 2014 waren es erst 44 Verletzte – eine Steigerung von beinahe 50 Prozent.

«Im gesamten Jahr 2014 hatten wir 212 Biker bei uns, 40 Prozent mehr als im Vorjahr», sagt Christoph Sommer (56), Chefarzt der Unfallchirurgie in Chur. Er führt die Steigerung auf in den letzten Jahren neu entstandene  «Downhill-Strecken für jedermann» zurück. «Wir sehen immer mehr solche Verletzten.»

Frank Wadenpohl (40), Präsident des Vereins Züritrails, der in Zürich eine sogenannte Dirtjump-Anlage auch für hohe Sprünge betreibt, bestätigt die Einschätzung des Chirurgen: «Die Infrastruktur entwickelt sich rasant. Das steigert die Nachfrage.»

Dies wiederum ziehe immer mehr unerfah­rene Mountainbiker auf Biketrails. Leute, die in ihrem Leben nur selten auf einem Velo gesessen hätten, treten plötzlich auf schlammigen Trails in die Pedale.

Die Folgen sind gravierend. «Viele der Verunfallten brauchen eine oder mehrere Operationen», sagt Chirurg Sommer. Die häufigsten Verletzungen sind Hirn­erschütterungen, Brüche des Schlüsselbeins und des Schulterblatts.

Oft komme es auch zu Rippenfrakturen, kombiniert mit Lungenverletzungen. Seltener seien innere Verletzungen an Milz und Leber. «Meist stürzen Biker über den Lenker und versuchen, sich mit den Händen abzustützen», sagt Sommer. Deshalb seien Handgelenk- und Armbrüche sowie Wirbelfrakturen häufig.

Ähnliches berichtet Reto Keller (42), Direktor des Spitals in Thusis GR: «Wir beobachten eine Zunahme der Verletzten und eine Zunahme der Schwere der Verletzungen.» Immer mehr Biker, immer mehr Unfälle, immer schwerere Verletzungen.

Suva will Gelder kürzen

Das ruft die Suva auf den Plan. Die Unfallversicherung hat einem sogenannten Dirt-Biker in einem Pilotprozess die Taggeldleistungen nach einem Handgelenkbruch um 50 Prozent gekürzt.

Zu Recht, wie das Bundesgericht im Januar entschied. Laut dem Gericht gilt Dirt-Biken nun als «absolutes Wagnis». Deshalb dürfen Versicherungsleistungen gekürzt werden.

Die Suva versucht auf diese Weise, ihre Kosten zu senken. Denn Biker-Unfälle sind teuer.

Im Jahr 2013 anerkannte die Suva 6404 Fälle, 1100 mehr als 2010.

Durch Mountainbike-Unfälle entstanden der Suva zwischen 2009 und 2013 Kosten in der Höhe von durchschnittlich 36 Millionen Franken pro Jahr. Ziel der Anrufung des Bundes­gerichts war, «die Prämienzahler vor unzumutbaren Belastungen zu schützen», sagt Suva-Sprecher Serkan Sisik (36).

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