Brand zerstört Familien-Glück
Das Inferno von Steinerberg

Die Mutter schlägt um 2.45 Uhr bei Nachbarn Alarm. Der zehnjährige Sohn Matthias springt aus dem Fenster und der Vater versucht den Brand zu löschen.
Publiziert: 19.03.2012 um 21:29 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 15:57 Uhr
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Sandra G. und Josef F. bei ihrer Hochzeit 2009 mit ihren drei gemeinsamen Kindern (v. l.) Livia, Aurelia und Matthias.
Foto: ZVG
Von Sandro Inguscio, Marlene Kovacs, Roman Neumann und Antonia Sell

Mit unbändiger Gewalt schlagen die Flammen aus dem Rossbüel Hof, der am Wildspitz über Steinerberg SZ liegt. Bedrohlich steigt die Rauchsäule in die finstere Nacht. Sie ist ein Bote des Dramas, das sich in diesen Minuten im Inneren des Bauern­hauses abspielt. Erst 1984 wurde es erbaut.

Im ersten Stock schlafen Bauer Josef F.* (49), seine Frau Sandra G.* (40) und ihre drei Kinder Matthias (10), Livia († 9) und Aurelia († 4). In der Wohnung darüber die Grossmutter Berta F.* († 82).

Um 2.30 Uhr wird die Familie von den tödlichen Flammen überrascht. In letzter Sekunde retten sich die Eltern zusammen mit ihrem Sohn durch einen Sprung aus dem Fenster.

Die beiden Schwestern, die sich ein Zimmer teilen, bleiben zurück. Genau wie ihr gehbehindertes Grosi.

«Sandra ist mit Matthias zu ihrer Nachbarin gerannt. Sie mussten 400 Meter querfeldein laufen, bis sie endlich Hilfe rufen konnten», erzählt die Schwägerin von Josef F. «Sandra stand vor ihrer Tür und hat geschrieen:  ‹Unser Haus brennt und ich kann keine Hilfe rufen. Wir können die Mädchen und das Grosi nirgends finden!›»

Währenddessen versucht Josef F. das Feuer alleine zu löschen und seine beiden Töchter zu retten. 25 Jahre war der Bauer selber bei der Feuerwehr Steinerberg. Nun steht er in Socken und Boxershorts draussen und kämpft gegen die Flammen. 

Doch es ist ein aussichtsloser Kampf des dreifachen Familienvaters.

Als die Feuerwehr um drei Uhr früh eintrifft, steht das Bauernhaus bereits in Vollbrand. «Man sah sofort, dass jede Hilfe zu spät kommt», sagt der Feuerwehrkommandant von Steinerberg, Markus Reichlin (44), der als Erster vor Ort ist.

Die Feuerwehr, die mit hundert Mann angerückt ist, sucht zuerst noch im Wald nach den beiden Mädchen und ihrem Grosi. «Wir hatten die Hoffnung, dass sie sich aus dem brennenden Haus retten konnten und in Panik in den Wald gerannt sind», erklärt Reichlin.

Doch die Hoffnung schwindet von Minute zu Minute. Nach einigen Stunden ist klar: Livia, Aurelia und Grosi Berta sind tot. Sie konnten den tödlichen Flammen nicht mehr entkommen.

Die Polizei findet ihre Leichen am frühen Abend in den Ruinen des Bauernhauses.

Die Flammen, die die Familie so grausam auseinandergerissen haben, haben auch die drei Überlebenden schwer gezeichnet. Vater, Mutter und Sohn liegen mit Verbrennungen im Spital.

Die Tante der Kinder, Agnes H.* aus Steinen, kann das Drama noch nicht fassen. «Es ist eine Katastrophe! Und die beiden Mädchen, sie waren doch noch so jung», sagt sie erschüttert. «Livia ging in die zweite Klasse. Sie hat Blockflöte gespielt und ihren Eltern immer im Garten geholfen. Sie liebte Blumen über alles», erzählt Agnes H.

 «Und Aurelia war unser Sonnenschein. Sie war eine richtige Wasserratte. Im Sommer war sie immer im Planschbecken im Hof zu finden. Berta hat ihr dann von ihrem Zimmer im zweiten Stock zugesehen. Sie konnte nicht mehr gut laufen, aber sie hatte noch so viel Freude am Leben. Vor allem durch ihre Enkel.»

Erst vor drei Jahren heiraten Josef und Sandra. Der Landwirt, der den Hof von seinem Vater geerbt hat, und die gelernte Masseurin aus Luzern, sind ein Herz und eine Seele. Es ist ein rauschendes Fest. Alle sind dabei. Auch die drei gemeinsamen Kinder und Grosi Berta – Nesthäkchen Aurelia hat damals gerade laufen gelernt.

Vor zwei Jahren schlägt das Schicksal auf dem Rossbüel Hof schon einmal zu. Bauer Josef F. überschlägt es mit seinem Traktor, er stürzt in einen Bach. Sohn Matthias und Tochter Livia sitzen neben ihm auf dem Gefährt. Doch alle haben Glück – bleiben unverletzt.

In der Nacht auf Montag verlässt die Familie das Glück und raubt ihnen ihre grössten Schätze – zwei ihrer Kinder.

* Namen der Redaktion bekannt

Opfer starben an Rauchgasvergiftung

Die Todesursache der beiden Mädchen und ihrer Grossmutter wurde untersucht und ist nun einen Tag nach dem verheerenden Brand in Steinerberg offiziell: Wie die Schwyzer Kantonspolizei mitteilt, starben Livia, Aurelia und die 82-jährige Berta F. an einer Rauchgasvergiftung. Die drei wurden nach dem Brand zunächst vermisst. Am Abend wurden in der Brandruine schliesslich drei Leichen gefunden. Die Opfer konnten identifiziert werden.
 

Die Todesursache der beiden Mädchen und ihrer Grossmutter wurde untersucht und ist nun einen Tag nach dem verheerenden Brand in Steinerberg offiziell: Wie die Schwyzer Kantonspolizei mitteilt, starben Livia, Aurelia und die 82-jährige Berta F. an einer Rauchgasvergiftung. Die drei wurden nach dem Brand zunächst vermisst. Am Abend wurden in der Brandruine schliesslich drei Leichen gefunden. Die Opfer konnten identifiziert werden.
 

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