BLICK on tour — Angst vor dem Islam
«Wir müssen versuchen, Vorurteile abzubauen»

Passt der Islam in die Schweiz? Müssen wir Angst haben? Auf dem BLICK-Podium wurde hart, aber konstruktiv diskutiert.
Publiziert: 06.02.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:31 Uhr
Von Matthias Halbeis, Viviane Bischoff, Romina Lenzlinger

Angst vor dem Islam? Das Thema ist brisant, es treibt die Leute um. Das zeigte auch der Grossandrang zur BLICK-on-tour-Diskussion gestern Abend im Zürcher Kaufleuten. Unter der Leitung von Ringier-Publizist Hannes Britschgi diskutierten die Nationalräte Daniel Vischer (Grüne/ZH), Lukas Reimann (SVP/SG), Imam Sakib Halilovic von der bosnischen Moschee in Schlieren ZH, Jasmin El-Sonbati vom Forum für einem fortschrittlichen Islam und Reinhard Schulze, Professor am Institut für Islamwissenschaften der Universität Bern.

Die Frage von Britschgi, ob man vor dem Islam Angst haben müsse, verneint Schulze mit einem Vergleich: «Die Muslime sind keine Roboter, die vom Koran ferngesteuert werden.» Die Religion werde von den Menschen gemacht und nicht umgekehrt.

Ähnlich sieht das auch Nationalrat Vischer: Man müsse keine Angst vor dem Islam haben, wenn schon, dann vor den gewalttätigen Extremisten. Aber das sei kein für den Islam typisches Problem. Anderer Meinung ist SVP-Vertreter Reimann. Er weist auf Menschenrechtsverletzungen in islamischen Staaten hin und darauf, dass das Verteidigungsministerium von mehreren Tausend gewaltbereiten Muslimen in der Schweiz ausgehe.

«Keine Angst vor Islam, aber vor Radikalisierung»

Zuvor hat El-Sonbati auf Studien hingewiesen, die zeigten, dass Muslime in der Schweiz in der überwiegenden Mehrheit gut integriert seien. Nur rund zehn Prozent folgten ­einer konservativen Auslegung des Korans. El-Sonbati: «Ich habe nicht Angst vor dem Islam, sondern vor der Radikalisierung.» Das von ihr mitbegründete ­Forum solle gerade auch einen kritischen Umgang mit dem ­Islam als Religion fördern.

Halilovic, der in seiner Schlieremer Moschee auf Deutsch predigt, wehrt sich ­vehement gegen die Aussagen von Reimann. ­Viele der in der Schweiz lebenden Muslime seien hier geboren und aufgewachsen. Zudem stammten 80 Prozent vom Balkan und aus der Türkei, wo die Staaten genauso demokratisch seien wie in Europa. Ausserdem widerspricht er El-Sonbati: «Konservativ bedeutet nicht automatisch gewaltbereit.»

«Menschenwürdiger Diskurs» gefordert

Auf die Frage von Britschgi, was er sich für die Muslime in der Schweiz wünsche, sagt Halilovic: «Ich wünschte mir einen anderen, menschenwürdigen Diskurs in der Schweiz. Dann könnten wir alle offenen Fragen im Dialog angehen.» Reimann entgegnet ihm: «Wenn jemand in die Schweiz kommt, dann hat er hier gar nichts zu wünschen, er soll sich integrieren.»

Reimann steht vielfach auf einsamem Posten und muss sich sogar Doppelzüngigkeit vorwerfen lassen – beispielsweise von Schulze. So etwa, weil ausgerechnet die SVP die Schaffung eines Ausbildungsgangs für muslimische Seelsorger an der Universität Freiburg bekämpft. Diese würde laut Schulze sicherstellen, dass die Ausbildung dieser Imame den Ansprüchen der Schweiz entspreche und dass sich die Muslime hierzulande kritisch mit ihrer Religion auseinandersetzten.

Immerhin, es gibt auch Einigkeit – wenn auch nur in einer Frage: Ausnahmslos alle wollen einen klaren und harten Umgang mit gewaltbereiten Muslimen. Islamistische Kämpfer, die aus Kriegsgebieten zurückkehren, müssten die Behörden aus dem Verkehr ziehen.

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