Fast hätte ich den wichtigsten Termin meiner Karriere verpasst: 6. Februar 2002, 15 Uhr, Uno-Hauptgebäude am East River. Weil US-Präsident George W. Bush mit seiner Wagenkolonne in dieselbe Richtung will wie wir, der damalige BLICK-Chefreporter Georges Wüthrich und der junge Politredaktor Christian Dorer, steht der Verkehr in New York still.
Dann rast die Bush-Kavalkade an uns vorbei – und in letzter Minute schaffen wir es doch: eines der extrem seltenen Interviews mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen. Weil die Schweiz kurz vor der Volksabstimmung über ihren Uno-Beitritt steht, macht Kofi Annan eine Ausnahme. Wir treffen ihn in seinem Eckbüro im 38. Stock.
Eine grosse blaue Flagge mit dem Uno-Symbol, der lorbeerumkränzten Weltkarte, steht auf dem hellen Teppichboden, daneben ein Bodyguard. Es wirkt, als ob er die Welt bewachen soll. Der Mann, dessen Beruf das tatsächlich ist, kommt direkt vom Sicherheitsrat. Kofi Annan gibt uns mit herzlichem Lächeln die Hand – und nimmt mir sofort alle Nervosität.
Er spricht ruhig und leise: «Ich schätze Ihr Land sehr. Für mich wäre das schönste Geschenk aus der Schweiz, wenn Ihr Land Uno-Mitglied würde.»
Kofi Annan hat eine enge Bindung zur Eidgenossenschaft: Der Ghanaer hat in Genf studiert und begann dort auch seine Karriere – bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO). An einem Fest bei Freunden in der Stadt lernt er seine spätere schwedische Frau Nane kennen. 1996 wird er als erster Schwarzafrikaner zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt.
Und nun ist ausgerechnet die Schweiz als letztes souveränes Land der Welt noch nicht Mitglied!
Ohne Annan, der die Uno aus der Krise führte und ihr wieder internationale Glaubwürdigkeit verlieh, wäre sie es vielleicht noch immer nicht. Im Gespräch legt er sachlich dar, welche Vorteile eine Uno-Mitgliedschaft hätte – ohne Drängen, ohne Drohung: «Die Uno ist die Welt – und die Schweiz steht nicht ausserhalb der Welt. Ich wünsche mir, dass gerade die Schweiz mit ihrer langen Tradition als Vermittlerin eine noch wichtigere Rolle in der Uno spielen kann.»
Wir legen Annan ein Plakat der Schweizer Beitrittsgegner vor: Eine Axt zertrümmert die helvetische Neutralität. Er schaut es mit ernster Miene an, denkt lange nach. Dann sagt er: «Ich glaube nicht, dass es die Realität widerspiegelt. Die Mitgliedschaft in der Uno zerstört die Neutralität nicht. Als Uno-Mitglied haben Sie freie Wahl, mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten.»
Und was hält er von der Behauptung, die Schweiz könne gezwungen werden, Truppen ins Ausland zu schicken? Diesmal braucht es kein Nachdenken: «Das ist absolut nicht wahr! Wir zwingen kein Land, Truppen zu stellen. Das ist noch nie geschehen und wird auch nie geschehen.» Annan sollte mit beidem recht behalten.
Gegen Ende unserer Begegnung gewinnt sein feiner Humor überhand: «Jetzt stellt sich nur die Frage: Wer wird das 190. Mitglied – die Schweiz oder Osttimor, das im Mai unabhängig wird?»
Kofi Annan will unser Interview vor der Publikation nicht gegenlesen. Zum Abschied sagt er bloss: «Ich vertraue Ihnen.»
Am 3. März 2002 entscheidet sich das Schweizer Stimmvolk mit 54,6 Prozent für den Beitritt, das Ständemehr fällt mit 12 zu 11 äusserst knapp aus. Im September des gleichen Jahres tritt die Eidgenossenschaft den Vereinten Nationen bei. Wenige Wochen später folgt Osttimor.
Am Uno-Gebäude in Genf wehen die Fahnen auf halbmast. Am Samstag ist Kofi Annan (†80) nach kurzer Krankheit in einem Spital in Bern gestorben. Annan war von 1996 bis 2007 Uno-Generalsekretär. Aufgewachsen in Ghana, hatte er früh eine enge Bindung zur Schweiz: In Genf studierte er, lernte seine spätere Frau kennen und verbrachte seine letzten Lebensjahre. Aussenminister Ignazio Cassis: «Ein grosser Mann hat uns heute verlassen. Wir sind dankbar für seine Unterstützung der Schweiz im Allgemeinen und des internationalen Genf im Besonderen.»
Am Uno-Gebäude in Genf wehen die Fahnen auf halbmast. Am Samstag ist Kofi Annan (†80) nach kurzer Krankheit in einem Spital in Bern gestorben. Annan war von 1996 bis 2007 Uno-Generalsekretär. Aufgewachsen in Ghana, hatte er früh eine enge Bindung zur Schweiz: In Genf studierte er, lernte seine spätere Frau kennen und verbrachte seine letzten Lebensjahre. Aussenminister Ignazio Cassis: «Ein grosser Mann hat uns heute verlassen. Wir sind dankbar für seine Unterstützung der Schweiz im Allgemeinen und des internationalen Genf im Besonderen.»
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