BLICK besucht Tessiner Haus von O.W. Fischer (†88)
Wer kauft die Geistervilla der Schauspiel-Legende?

Erstmals seit dem Tod des österreichischen Schauspielers O.W. Fischer und nach einem jahrelangen Erbstreit durfte BLICK als erstes Medium in die Fischer-Burg. Hier sprach der Schauspieler zuletzt mit Geistern. Hier begrub er seine Katzen. Jetzt steht sie zum Verkauf.
Publiziert: 09.06.2018 um 11:05 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:22 Uhr
Exklusiver Rundgang durch die «Fischerburg»
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O.W. Fischer starb vor 14 Jahren:Exklusiver Rundgang durch die «Fischerburg»
Myrte Müller

14 Jahre, vier Monate und acht Tage schlummert das 14'700 Quadratmeter grosse Anwesen im Dornröschenschlaf. Und jetzt das grosse Erwachen. Das blaue Tor zur «Fischer-Burg» öffnet sich. BLICK darf als erstes Medium die zerfallene Traumvilla des verstorbenen österreichischen Schauspielers O.W. Fischer (†88) besuchen.

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BLICK darf 14 Jahre nach dem Tod des Schauspielers O.W. Fischer als erstes Medium in seine heute zerfallene Traumvilla.
Foto: Remy Steinegger

Ende der 50er-Jahre baut der exzentrische Filmstar sein Traumobjekt im 600-Seelen-Ort Vernate TI am Luganersee. Selbst Kollegen aus Hollywood staunen. Modern mit Park, Palmen und Pool. Meterhohe Marmorsäle, geschmückt mit schweren Gobelins, Gemälden und Antiquitäten. Um den mächtigen Granit-Kamin schlängelt sich ein ellenlanges massgeschneidertes waldgrünes Ledersofa. Wasser fliesst aus goldenen Hähnen in schwarze Waschbecken. Im Keller steht ein eigenes Kino.

Testamentsvollstreckung zehn Jahre verschleppt 

O.W. Fischer zieht 1960 mit Ehefrau «Nani» (†82) ein. Der exzentrische Schauspieler wird immer wunderlicher. Es sammelt Katzen um sich. Bis zu zwanzig Tiere huschen durch die «Fischer-Burg». Er begräbt sie im Garten. Als seine Frau 1985 stirbt, beginnt Fischer mit den Geistern zu sprechen. Am 29. Januar 2004 verlässt auch O.W. Fischer die Welt – und vermacht sein Vermögen dem Tierschutzverein und der Kirche. Ein jahrelanger Erbstreit entfacht.

Vom Filmstar zum schrulligen Professor

Otto Wilhelm Fischer (†88), genannt O.W. Fischer, wurde am 1. April 1915 im niederösterreichischen Klosterneuburg geboren. Der Sohn eines Juristen studierte einige Semester Sprachen und Kunstgeschichte. Als er volljährig wurde, nahm er Schauspielunterricht. O.W. Fischer war schon in der deutschen Nazi-Zeit ein gefeierter Star. 1950 gelang ihm mit der Titelrolle in «Erzherzog Johanns grosse Liebe» der Durchbruch im Nachkriegskino. Damit avancierte er zum damals bestbezahlten Filmstar Deutschlands. 1960 zog O.W. Fischer mit seiner zwölf Jahre älteren Ehefrau «Nani», der Prager Schauspielerin Anna Usell (†82), in seine Tessiner «Fischer-Burg». Er trat fortan nur noch gelegentlich im TV und im Theater auf und wurde immer wunderlicher. Als 1985 seine Frau starb, befasste er sich mit Geisterkunde, Metaphysik, Theologie und entwickelte eine «Allhypnose»-Theorie. 1970 wurde er zum Professor ernannt. Der Tierliebhaber starb am 29. Januar 2004 in Lugano TI an Herzversagen.

O.W. Fischer 1998 im Garten seiner Tessiner Prunkvilla.
Remy Steinegger

Otto Wilhelm Fischer (†88), genannt O.W. Fischer, wurde am 1. April 1915 im niederösterreichischen Klosterneuburg geboren. Der Sohn eines Juristen studierte einige Semester Sprachen und Kunstgeschichte. Als er volljährig wurde, nahm er Schauspielunterricht. O.W. Fischer war schon in der deutschen Nazi-Zeit ein gefeierter Star. 1950 gelang ihm mit der Titelrolle in «Erzherzog Johanns grosse Liebe» der Durchbruch im Nachkriegskino. Damit avancierte er zum damals bestbezahlten Filmstar Deutschlands. 1960 zog O.W. Fischer mit seiner zwölf Jahre älteren Ehefrau «Nani», der Prager Schauspielerin Anna Usell (†82), in seine Tessiner «Fischer-Burg». Er trat fortan nur noch gelegentlich im TV und im Theater auf und wurde immer wunderlicher. Als 1985 seine Frau starb, befasste er sich mit Geisterkunde, Metaphysik, Theologie und entwickelte eine «Allhypnose»-Theorie. 1970 wurde er zum Professor ernannt. Der Tierliebhaber starb am 29. Januar 2004 in Lugano TI an Herzversagen.

Zehn Jahre verschleppt Francesco Wicki die Testamentsvollstreckung. 2014 erfolgt der Grundbucheintrag (BLICK berichtete). Erst 2017 übergibt der Anwalt die Schlüssel. Jetzt steht sie zum Verkauf, das Testament kann endlich vollstreckt werden. Ein feierlicher Moment auch für den Tierschutzverein La Stampa von Lugano TI, dem O.W. Fischer neben der theologischen Fakultät der Tessiner Universität sein Erbe vermacht hat. «Dass ich das noch erleben darf», sagt Rodolphe Schmid (79), Präsident des Tierschutzvereins, lachend. «Ich kann kaum fassen, dass unsere Tiere endlich erben.»

Sie hoffen jetzt, 4,53 Millionen Franken für das prächtige Anwesen am Sonnenhang von Vernate zu bekommen. Knapp 5500 Quadratmeter sind reines Bauland mit Panoramablick auf den Luganersee.

Die Villa verfällt, und es regnet durchs Dach

Doch das Bild, das die Villa heute bietet, ist ernüchternd. Der Wald hat den Park verschluckt. Wildwuchs raubt den einst so stolzen Blick auf den See. Die Holztäfelung modert. Es regnet durchs Dach. Der Marmorboden steht unter Wasser. Die Hallen sind leergeräumt. Nur der prächtige Kamin aus Granit trotzt der Vergänglichkeit. Der Wertverlust ist enorm.

«Alle wertvollen Sachen wurden bereits vor langer Zeit heimlich herausgeholt und verschachert», erzählt Giovanni Cossi, Gemeindepräsident von Vernate. «Wir haben nur noch verschimmelte Kleider vorgefunden, alte Möbel, über tausend Bücher.» Einiges davon nimmt die Caritas. Das Meiste aber landet im Müll. 

«Ein luxuriöses Altersheim wäre nicht schlecht»

«Sicher könnte man die Villa wieder sanieren», sagt der Gemeindepräsident. Doch lieber wären ihm neue Bauprojekte. «Zum Beispiel ein luxuriöses Seniorenheim. Oder eine Schönheitsfarm. Oder mehrere Eigenheime», sagt Cossi weiter. Das würde Einnahmen in die Gemeindekasse spülen. Aber auch eine neue grosse Villa für einen Multimillionär wäre dem Freisinnigen recht. «Es hätte sogar Platz für einen Hubschrauber-Landeplatz», sagt Giovanni Cossi. 

Dringend Geld braucht Rodolphe Schmid für seinen Tierschutzverein. «Als publik wurde, dass uns O.W. Fischer sein Vermögen vererbt, blieben die Spenden aus», erzählt der Vereinspräsident. Man habe damals gesagt: «Ihr seid jetzt reich, braucht keine Hilfe mehr.» In der Tat aber gab es keinen Rappen. Die Spenden gingen um 90 Prozent zurück. «Jetzt endlich können wir in unser Tierheim investieren. Hoffentlich verkaufen wir die Fischer-Burg recht bald.»

So vermeiden Sie Erbstreit

Ärger mit dem Nachlass? Das Problem kennt nicht nur der Tierschutzverein in Lugano TI. Über 14 Jahre lang musste man auf das Erbe von O.W. Fischer (†88) warten. Grund: Die Testamentsvollstreckung wurde verschleppt. Der Wert der vererbten Villa sank, die Kosten des Anwalts stiegen.

«Das kommt immer wieder vor», sagt Maria Cristina Bonfio (58). Doch meist blockierten Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft die Vollstreckung, so die Präsidentin des Tessiner Notarenverbands, «da wird das Testament nicht anerkannt und vor Gericht gezogen. Und das kann sich in die Länge ziehen».

«Jeder kann ein Testament vollstrecken»

Nicht immer sei der Nachlassverwalter ein Jurist. «Praktisch jeder kann ein Testament vollstrecken. Notare, Privatpersonen, aber auch Banken», erklärt die Rechtsanwältin. Meist sei es eine Vertrauensperson des Testamentverfassers.

Wenn jemand den Verdacht habe, dass der Nachlassverwalter nicht korrekt arbeite, könne man sich an die jeweilige Aufsichtsbehörde wenden. Im Tessin ist dies ein Richter. Und dieser, so Bonfio, könne dem Nachlassverwalter im Zweifelsfall das Vollstreckungsmandat entziehen.

Pflichtteil im Testament beachten

Maria Cristina Bonfio rät: «Möchte jemand ein Testament aufsetzen, dann sollte er sich juristisch beraten lassen.» So könne man nicht ohne weiteres das eigene Vermögen nach Belieben vererben. Direkte Verwandte wie die eigenen Kinder, der Ehepartner oder – bei Kinderlosigkeit – die Eltern hätten immer ein Recht auf einen Pflichtteil.

«Gültigkeit haben handgeschriebene und unterzeichnete Testamente», sagt Bonfio. Noch besser sei es, wenn sie beim Notar in Anwesenheit von Zeugen aufgesetzt und unterschrieben würden. Eine weitere Möglichkeit sei ein Erbvertrag, so die auf Erbrecht spezialisierte Notarin. «Der wird schon zu Lebzeiten mit den Erben ausgehandelt und von allen unterschrieben.» Ein Erbvertrag sei im Nachhinein auch kaum anfechtbar.

Ärger mit dem Nachlass? Das Problem kennt nicht nur der Tierschutzverein in Lugano TI. Über 14 Jahre lang musste man auf das Erbe von O.W. Fischer (†88) warten. Grund: Die Testamentsvollstreckung wurde verschleppt. Der Wert der vererbten Villa sank, die Kosten des Anwalts stiegen.

«Das kommt immer wieder vor», sagt Maria Cristina Bonfio (58). Doch meist blockierten Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft die Vollstreckung, so die Präsidentin des Tessiner Notarenverbands, «da wird das Testament nicht anerkannt und vor Gericht gezogen. Und das kann sich in die Länge ziehen».

«Jeder kann ein Testament vollstrecken»

Nicht immer sei der Nachlassverwalter ein Jurist. «Praktisch jeder kann ein Testament vollstrecken. Notare, Privatpersonen, aber auch Banken», erklärt die Rechtsanwältin. Meist sei es eine Vertrauensperson des Testamentverfassers.

Wenn jemand den Verdacht habe, dass der Nachlassverwalter nicht korrekt arbeite, könne man sich an die jeweilige Aufsichtsbehörde wenden. Im Tessin ist dies ein Richter. Und dieser, so Bonfio, könne dem Nachlassverwalter im Zweifelsfall das Vollstreckungsmandat entziehen.

Pflichtteil im Testament beachten

Maria Cristina Bonfio rät: «Möchte jemand ein Testament aufsetzen, dann sollte er sich juristisch beraten lassen.» So könne man nicht ohne weiteres das eigene Vermögen nach Belieben vererben. Direkte Verwandte wie die eigenen Kinder, der Ehepartner oder – bei Kinderlosigkeit – die Eltern hätten immer ein Recht auf einen Pflichtteil.

«Gültigkeit haben handgeschriebene und unterzeichnete Testamente», sagt Bonfio. Noch besser sei es, wenn sie beim Notar in Anwesenheit von Zeugen aufgesetzt und unterschrieben würden. Eine weitere Möglichkeit sei ein Erbvertrag, so die auf Erbrecht spezialisierte Notarin. «Der wird schon zu Lebzeiten mit den Erben ausgehandelt und von allen unterschrieben.» Ein Erbvertrag sei im Nachhinein auch kaum anfechtbar.

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