Olivenhaine soweit das Auge reicht. Wuchtige Landhäuser. Und viel Tradition. Die Dörfer Supersano und Ruffano sind nur zwei Kilometer voneinander entfernt. Sie strahlen Ruhe und Stabilität aus. Supersano ist die Heimat von Danilo N. (†38). Ruffano ist das Dorf, aus dem Irene R. stammt. Man ist guter Nachbar. Verschwägert. Verwandt. Seit Generationen.
Doch am Freitag, dem 23. Februar, erschüttert ein Ereignis aus dem fernen Zürich den friedlichen Alltag. Im Herzen der apulischen Region Salento wird von nichts anderem gesprochen: Vor der UBS-Filiale in der Zürcher Europaallee streckt der Süditaliener mit drei Schüssen seine Ehefrau Irene R. (†35) nieder. Mit dem vierten Schuss beendet er auch sein Leben. Täter und Opfer sterben noch vor Ort (BLICK berichtete).
Danilo N. tauschte Gewehr gegen eine Pistole ein
BLICK begibt sich auf die Spur des Täters und besucht den 4500-Seelen-Ort Supersano. Der Himmel ist trübe. So auch die Stimmung an der Piazza, wo ein mittelalterlicher Palast als Rathaus dient.
«Am Freitagabend erhielt ich eine Nachricht auf Whatsapp von unserem Polizeichef», erinnert sich Bruno Corrado (55). «Ich konnte nicht glauben, was ich da las.» Er sei viele Jahre lang Danilos Arzt gewesen, so der Bürgermeister von Supersano. Danilo habe ihm immer vertraut. «Zuletzt habe ich ihn um die Weihnachtszeit gesehen. Er war allein hier. Danilo sagte, er sei heimgekehrt. Es gehe ihm nicht gut. Er habe die Schweiz verlassen, weil die Arbeit dort nichts für ihn sei», erzählt Corrado weiter, «das kam mir merkwürdig vor. Ich fragte: ‹Und deine Frau? Und deine Kinder?› Er antwortete: ‹Sie bleiben in der Schweiz›.»
Bruno Corrado verschreibt Danilo N. Antidepressiva. «Er war wie in eine Finsternis gehüllt. Er wohnte bei seinen Eltern im Haus in einem dunklen Zimmer. Ich sagte, er müsse da raus.» Zehn Tage später habe Danilo angerufen, gefragt, ob er noch die Tabletten nehmen müsse. Ob Danilo die Therapie abbrach oder nicht, weiss Bruno Corrado nicht.
Was der Bürgermeister später erfährt: «Wir wussten, dass er ein Waffennarr war und gern zur Jagd ging. Er hatte vier Gewehre, doch dass er eine Pistole besass, davon wussten wir nichts.» Das konnte auch niemand wissen. Denn: Als die Carabinieri nach der Bluttat das Zimmer des Täters in Supersano durchsuchen, finden sie nur drei Gewehre. Ermittlungen ergeben: Danilo N. hatte am Donnerstag vor der Tat sein viertes Gewehr in einem Waffenladen in Novoli bei Lecce (I) gegen eine Neun-Millimeter-Beretta getauscht. Die spätere Tatwaffe.
«Vielleicht hätten wir die Tragödie verhindern können»
«Er nahm am Donnerstagabend den Nachtbus von Lecce nach Zürich», rekonstruiert Corrado Danilos letzte Reise, am Freitagmorgen kam er an. Am frühen Nachmittag folgte die Gewalttat. «Wir wussten nichts von den Eheproblemen. Er hat niemandem davon erzählt. Hätte er es doch getan. Dann hätte man ihm helfen und diese Tragödie verhindern können», glaubt Bruno Corrado.
Fassungslosigkeit auch in der Dorfbeiz Snoopy. «Danilo war nie gewalttätig gewesen. Er war ein guter Junge», sagt Wirt Lorenzo, «er kam mit seiner Frau und seinen Töchtern zum Pizza essen. Er kümmerte sich rührend um alle. Auch Irene war eine bodenständige, tolle Frau.»
Nach aussen prahlte Danilo mit dem Leben in der Schweiz
«Danilo hatte doch ein tolles Leben», sagt Antonio (64), der Besitzer des Landhofs Sombrino. «Er schwärmte von seiner schönen Frau, den Kindern, dem Geld, den Reisen und dem schönen Audi, den er sich in der Schweiz nun leisten konnte.» Warum sollte er das alles zerstören?
Mitte November lässt sich Danilo N. das letzte Mal im Snoopy sehen. Dann verschwindet er. Hie und da schickt er Grüsse über Whatsapp. «Wir dachten, er sei längst wieder in er Schweiz.» Doch Danilo versteckte sich im Haus seiner Eltern. Und schmiedete offenbar seinen mörderischen Plan.