Wenn der Gartenzaun zur Frontlinie wird. Am Wochenende berichtete BLICK über den wohl schlimmsten Nachbarn der Schweiz: Emil Bizenberger (74) aus Trimmis GR versetzt sein Quartier in Angst und Schrecken. Seit über 20 Jahren, mit Pfefferspray, Videoüberwachung und Polizeieinsätzen. Konflikt-Experten erklären, wie man Streithähne an den Verhandlungstisch bringt.
Schweizer sind immer weniger konfliktfähig
Als Mediatoren sind Jürg Fischer und Oliver Speich professionelle Problemlöser. Die Konfliktpunkte zwischen Nachbarn sind seit jeher in etwa ähnlich, erklärt Speich: «Es gibt überall Reibereien, wo es Berührungspunkte gibt – die Waschküche oder andere gemeinsam genutzte Teile wie die Fassade. Auch die Grundstücksgrenze birgt hohes Konfliktrisiko, und natürlich alle Emissionen wie Lärm oder Geruch.»
Für Speich ist klar: Die Konfliktfähigkeit der Schweizer hat insgesamt abgenommen. «Früher hat man noch mehr miteinander geredet als heute. Heute schreibt man lieber SMS oder Mails, die werden dann eher missverstanden», sagt er. Und Jürg Fischer ergänzt: «Der berufliche, finanzielle und emotionale Druck auf die Leute nimmt im Alltag immer mehr zu. Da wird die Haut dünner.»
Die beiden Konfliktprofis erklären: Man sollte so früh wie möglich das Gespräch suchen. Oft kennen die Streithähne die Sichtweise der Kontrahenten nämlich kaum oder gar nicht. Dann stelle sich etwa heraus, dass der vermeintlich extrem lärmempfindliche Nachbar in der Frühschicht arbeitet und deshalb auf Ruhe angewiesen ist. «Bekomme ich alle Parteien an einen Tisch, liegt die Erfolgsquote bei über 70 Prozent», so Speich.
Aber auch die Profi-Schlichter haben ihre Grenzen. «Es gibt Leute, die streiten einfach gerne, die brauchen das», musste Fischer schon feststellen. Und weiter: «Ist Gewalt im Spiel, wird der Spielraum eng. Oft bleibt dann nur der Weg zur Polizei.» Eine Mediation sei natürlich freiwillig, sie biete aber einen besseren Rahmen zur gemeinsamen Lösungsfindung, als sich über den Zaun zu beschimpfen.
«Mancher will den Nachbarn nur noch zerstören»
Fehlt der Wille zum Reden, müssen andere Wege beschritten werden: «Das beginnt beim Friedensrichter – und kann im Extremfall vor Bundesgericht enden.» Dies sei natürlich viel teurer und langwieriger als eine einvernehmliche Lösung.
Beide Experten sind sich aber einig: Es lohnt sich, den Konflikt frühzeitig zu erkennen und zu lösen. «Wenn die Eskalationsspirale erst mal dreht, geht es bei manchem irgendwann nur noch darum zu gewinnen. Ohne Rücksicht auf Verluste.» In Trimmis dürfte diese Linie wohl überschritten sein.
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