Biotech-Branche warnt vor Tierversuchsinitiative
Annahme gefährdet Krebsmedizin

Laut der Biotech-Branche bedroht die gut gemeinte Vorlage nicht nur den Forschungsplatz, sondern auch die medizinische Versorgung des Landes.
Publiziert: 30.01.2022 um 13:47 Uhr
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Laut der Branche wäre die Schweiz bei einem Ja von der Versorgung mit neuen Medikamenten abgeschnitten.
Foto: Keystone
Reza Rafi

Die Initiative, über die am 13. Februar abgestimmt wird, tönt verlockend. Wer mag schon Tier- und Menschenversuche? Dass die Wissenschaft dagegen ist, überrascht kaum. Das Ansinnen würde die heimische Medikamentenforschung bedrohen.

Nun bringt Michael Altorfer, CEO des Industrieverbands Swiss Biotech Association, ein weiteres Argument ins Spiel: «Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme weltweit. Eine Annahme dieser Initiative würde den Zugang zu neuen Therapieoptionen verunmöglichen», sagt er zu SonntagsBlick.

Auch Import von Medikamenten betroffen

Der Grund liege im zweiten Teil des Volksbegehrens: Dieses verbietet nicht nur Tier- und Menschenversuche in der Schweiz, sondern auch den Import von neuen Medikamenten, die unter Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden. Altorfer: «Das würde bedeuten, dass die Schweiz in Zukunft vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten wäre. Neue Entwicklungen in der Krebsmedizin, die in den letzten 20 Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht hat, könnten hier nicht mehr angewendet werden.» Dasselbe gelte für neue Therapien im Neurobereich, etwa zur Behandlung von Krankheiten wie Multipler Sklerose, Parkinson, Alzheimer oder Demenz.

Als weiteres Beispiel nennt er die Antibiotika: «Würde ein neues Antibiotikum entdeckt, würde die Schweiz aussen vor gelassen.»

Man muss zuerst testen

In keinem Land sei Medizin zugelassen, die nicht vorher an Tier und Mensch getestet wurde. «Es gibt kein Volk auf der Welt, das bereit wäre, ungetestete Wirkstoffe direkt bei Patienten anzuwenden. So etwas ist ethisch nicht vertretbar.»

Altorfer erinnert als abschreckendes Beispiel an das Beruhigungsmittel Contergan, das bis in die 60er-Jahre Schwangeren verabreicht wurde. Später stellte sich heraus, dass der Wirkstoff bei den Ungeborenen Fehlbildungen auslösen konnte. «Umgekehrt betrachtet: Wenn man zum Schluss kommt, dass es für ein Medikament einen Tierversuch und eine klinische Studie braucht, gibt es keinen Grund, das nicht in der Schweiz zu machen, denn die Schweiz verfügt über eines der stärksten Tierschutzgesetze und reguliert auch die klinischen Studien nach höchsten internationalen Standards.»

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