Es war im April 1975. In der Bucht vor dem türkischen Cesme schaukelte ein Ruderboot. Zwei Männer ruderten heftig: der spätere Schweizer TV-Journalist Erich Gysling und Curt Gasteyger, Professor am Genfer Institut für Internationale Studien.
Zwei Personen guckten zu und genossen die frische Brise: Margaret Thatcher, damals konservative britische Oppositionsführerin, und Zbigniew Brzezinski, aussenpolitischer Berater des späteren US-Präsidenten Jimmy Carter.
Umsturz von oben?
Die Bootsfahrt war Teil einer geheimnisumwitterten Bilderberg-Konferenz in dem Badeort. Unter anderem habe der damalige britische Schatzkanzler Denis Healey, ein Linker, «in einem wahnsinnig witzigen Referat seine politische Gegnerin Thatcher attackiert», erinnert sich Gysling.
Funktioniert so die Weltverschwörung? Kaum. Dennoch stehen die Bilderberg-Konferenzen im Verruf, hier plane die kapitalistische Weltelite aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Publizistik den Umsturz von oben.
Veranstaltungen sind privat
Initiiert hat die Treffen Bernhard zur Lippe-Biesterfeld, Prinz der Niederlande. Ihm waren die Beziehungen zwischen Europa und den USA ein grosses Anliegen. Den Namen gab der Konferenz das Hotel de Bilderberg in Oosterbeek, in dem 1954 das erste Treffen über die Bühne ging.
Die Veranstaltungen sind privat. «Sie ähneln Universitätsseminaren», sagt alt Bundesrat Pascal Couchepin, der Ende 90er-Jahre erstmals dabei war. «Inhaltlich haben sie ein sehr hohes Niveau. Während drei Tagen diskutieren die Teilnehmer über aktuelle Probleme der Welt und wie sie gelöst werden könnten.»
Hochkarätige Teilnehmer sind handverlesen
Die hochkarätigen Teilnehmer sind handverlesen. Sie verpflichten sich, über den Inhalt der Gespräche zu schweigen. «Es gibt kein Protokoll», bestätigt Couchepin. «Man kann auch mal etwas Dummes sagen. Oder eine mutige Frage stellen.»
Ab kommendem Donnerstag tagen die «Bilderberger» im abgeschiedenen Fünf-Sterne-Hotel Suvretta House im Engadin. Als Gastgeber soll Novartis-Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella amten, der zum inneren Zirkel der Bilderberg-Konferenz gehört, dem Steering Committee. Darin sitzen auch Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, Henri de Castries, Chef des Versicherungskonzerns Axa sowie ABB-Verwaltungsrat und Investor Jacob Wallenberg. Sie dürften zu den rund 100 Teilnehmern zählen. Ebenso wie eine der reichsten Frauen der Welt, Königin Beatrix der Niederlande.
Verstoss gegen Neutralität?
Der Geheimklub ist manchen Politikern ein Dorn im Auge. Den jurassischen SVP-Nationalrat Dominique Baettig stört, «dass hier Leute aus Wirtschaft und Diplomatie über die Globalisierung sprechen, ohne dass jemand wissen darf, was diskutiert und beschlossen wird». Dass Nato-Vertreter dabei seien, verstosse gegen die Neutralität, wettert Baettig.
Couchepin dagegen ist stolz, dass er an mehreren Konferenzen teilnehmen konnte: «Die Kontakte, die man an einer Bilderberg-Konferenz knüpfen kann, sind im Interesse des Landes.» Einen Machtanspruch habe die Konferenz nicht: «Die Verschwörungstheorien, die sich darum ranken, sind lächerlich.»
Staatsrechtler Thomas Fleiner, der 1972 im belgischen Knokke an einem Treffen teilnahm, sagt: «Geheimnisse werden im Plenum keine ausgeplaudert. Aber sicher waren auch Leute vom US-Geheimdienst CIA dabei.» Auftrieb erhalten die Verschwörungstheoretiker auch deshalb, weil nicht einmal Datum und Ort des Treffens bestätigt werden. Völlig tabu sind Themen- und Gästelisten.
Glücksfall für das Engadin
Fest steht: Für das Engadin ist der Anlass ein Glücksfall. Mitsamt Entouragen reisen gegen 500 Gäste an, viele im Privatjet, was den Hotels und dem Flughafen Samedan vor Beginn der Saison einen Zusatzumsatz von rund einer Million Franken bringt. Die Kosten für die Sicherheit teilen sich Bund, Kanton und Organisatoren. «Vor einem Jahr hatten wir hier oben die Hochzeit von Boris Becker», sagt Ex-Kurdirektor Hanspeter Danuser. «Er genoss die Publizität. Jetzt haben wir die Bilderberg-Konferenz, die in der Abgeschiedenheit des Suvretta House stattfindet.» Man finde im Engadin eben beides, Rummel und Diskretion.
Da für die Bilderberg-Teilnehmer grösste Zurückhaltung oberstes Gebot ist, wird sie nicht einmal die geplante Demo der Jungsozialisten aus der Ruhe bringen, die für nächsten Samstag angekündigt wurde. Fast scheint es, dass die Diskretion schon mal in pure Langeweile umschlägt. Professor Fleiner erinnert sich daran, dass er bei einem Essen neben Königin Beatrix sass. Die Monarchin erkundigte sich in aller Höflichkeit, ob der Eindruck täusche, dass er, Fleiner, sich langweile. «Ich konnte ihr das nur bestätigen.»
Mitglieder des Steering Committee waren: Walter E. Boveri († 1972), Ex-VR-Präsident der BBC, die später in der ABB aufging. Alex Krauer, Ex-VR-Präsident von Novartis und UBS. David de Pury († 2000), Diplomat und Ex-Co-Präsident ABB. Franz J. Lütolf, Ex-Generaldirektor des Bankvereins.
Schweizer Teilnehmer waren: Die Ex-Bundesräte Christoph Blocher, Flavio Cotti, Jean-Pascal Delamuraz und Kurt Furgler sowie der Diplomat und IKRK-Präsident Jakob Kellenberger. Die Manager Pierre Liotard-Vogt (Nestlé), Fritz Gerber (Roche), Walter Kielholz (Swiss Re), Robert A. Jeker (Kreditanstalt) und André Kudelski. Die NZZ-Journalisten Hugo Bütler, Willy Linder und Markus Spillmann. Verleger Michael Ringier.
Mitglieder des Steering Committee waren: Walter E. Boveri († 1972), Ex-VR-Präsident der BBC, die später in der ABB aufging. Alex Krauer, Ex-VR-Präsident von Novartis und UBS. David de Pury († 2000), Diplomat und Ex-Co-Präsident ABB. Franz J. Lütolf, Ex-Generaldirektor des Bankvereins.
Schweizer Teilnehmer waren: Die Ex-Bundesräte Christoph Blocher, Flavio Cotti, Jean-Pascal Delamuraz und Kurt Furgler sowie der Diplomat und IKRK-Präsident Jakob Kellenberger. Die Manager Pierre Liotard-Vogt (Nestlé), Fritz Gerber (Roche), Walter Kielholz (Swiss Re), Robert A. Jeker (Kreditanstalt) und André Kudelski. Die NZZ-Journalisten Hugo Bütler, Willy Linder und Markus Spillmann. Verleger Michael Ringier.