Ertan Y.* (36), ein führendes Mitglied der Basler Hells Angels, hat jahrelang ein Luxus-Leben geführt: Auf Instagram präsentiert sich der gebürtige Basler mit türkischen Wurzeln als erfolgreicher Geschäftsmann neben zahlreichen Stars und Sternchen, raucht Zigarre und jettet von Land zu Land. Meist mit einem Lächeln samt strahlenden Zähnen, aber auch ein böser Blick ab und zu – der Seriosität willen. Schmuck – wie teure Uhren etwa von Patek Philippe – scheint er zu lieben. Ein spezielles Accessoire, das immer wieder in die Kamera blitzt: sein XXL-Hells-Angels-Tattoo auf dem linken Arm.
Schaut man seine Fotos und Videos genauer an, lächeln einem auch Schweizer Persönlichkeiten – vorwiegend aus der Fussballwelt – entgegen. So etwa Nati-Star Breel Embolo und Ragip Xhaka – Papa von Granit und Taulant Xhaka. Zum Geburtstag gratulieren ihm per Video neben Embolo die Nati-Stars Granit Xhaka und Manuel Akanji. Auch in der Musik-Szene scheint er Freunde zu haben: Die Schweizer Rapperin Loredana sowie ihr Ex-Mann Mozzik und dessen Bruder Getinjo – beide erfolgreiche kosovarische Rapper – gratulieren ihm ebenfalls per Video zum Geburtstag. Weiter zeigt er sich mit dem deutschen Rapper Mero (eigentlich Enes Meral) in den Ferien.
Sex in U-Haft
Doch wer ist der Mann, der sich gerne mit Stars umgibt und sich gar selbst als Person des öffentlichen Lebens bezeichnet? Und: Womit verdient er sich sein Geld?
Er selbst hat eine Spielerberater-Agentur auf seinem Instagram-Profil verlinkt. Auf einem Foto präsentiert sich der Angeklagte Anfang Mai 2020 als hart arbeitender Mann in einem Büro voller Fussball-Trikots. In seinen Hashtags ist die Firma aufgelistet. Zudem ist er auf Fotos mit dem Inhaber zu sehen. Auf Blick-Anfrage wollte letzterer jedoch keine Stellung nehmen.
Fakt ist: Von seinem Luxus-Leben musste sich Ertan Y. Mitte Juni 2021 verabschieden. Der zunächst letzte Flug führte ihn ins Basler Untersuchungsgefängnis Waaghof. Doch anders als andere Häftlinge konnte er es sich auch innerhalb der Gefängnismauern gut gehen lassen. Wie aus der Anklageschrift hervorgeht, erkaufte er sich diverse Gefälligkeiten – so etwa Sex und Handys. Zwei Securitas-Mitarbeiter – die jetzt ebenfalls angeklagt sind – waren ihm dabei behilflich.
Mitte Mai – nach rund drei Jahren – wird ihm vor dem Basler Strafgericht der Prozess gemacht. Ihm werden unter anderem Vermögensdelikte in Millionenhöhe vorgeworfen. Andere Vorwürfe lauten: mehrfache Vergewaltigung, Bestechung sowie Betrug, sexuelle Handlungen mit Kindern und Urkundenfälschung.
Mehr zum Fall Embolo
Zertifikate für Embolo
Unter dem letzten Punkt wird etwa bekannt, dass er gemeinsam mit einer Mitbeschuldigten in einem Labor gefälschte Covid-Zertifikate erstellen liess. Einige Kunden sind in der Anklageschrift gelistet. Ein Name fällt da besonders auf: Breel Embolo. Der Nati-Star soll im Februar 2021 zweimal gefälschte Covid-Reisezertifikate gekauft haben, die bescheinigen, dass der Covid-Test negativ ausgefallen sei. Der Mitbeschuldigte habe diese jeweils Ertan Y. zukommen lassen, der sie dann über Whatsapp an Embolo weitergeleitet habe.
Ein weiterer Anklagepunkt aus der langen Vorwurfsliste: sexuelle Handlungen mit Kindern. So soll Ertan Y. ab Anfang 2018 eine damals 14-Jährige so manipuliert haben, dass sie ihm Nackt-Dateien von sich und ihrer damals 10-jährigen Schwester schickte. Die soll er dann genutzt haben, um sie weiter unter Druck zu setzen, indem er ihr drohte, diese auf Social Media mit ihren Daten zu streuen. Auch soll er das Mädchen zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Die Kommunikation zwischen den beiden liegt der Staatsanwaltschaft in Form von Chatverläufen vor.
Weiter muss sich Ertan Y. für das Luxus-Leben innerhalb der Gefängnismauern verantworten. Ihm wird hier etwa Bestechung vorgeworfen. Er soll zwei Ex-Mitarbeiter der Securitas AG für seine Dienste genutzt haben. So liess er sich von dem männlichen Angestellten Handys gegen Geld ins Gefängnis schmuggeln. Mit der weiblichen Angestellten hatte er Sex. Hierfür versprach er ihr Geld, teure Geschenke und luxuriöse Ferien.
Schaden von 3,6 Millionen Euro
Schwerwiegend dürfte auch der Millionen-Betrug sein: Aus der Anklageschrift geht hervor, dass Fake-Firmen, die stets auf Kollegen von Ertan Y. liefen, genutzt wurden, um Anleger zu täuschen. Die gingen davon aus, dass sie Geld in Aktien investieren. Dabei soll das Geld von den Kollegen – auf Befehl des Beschuldigten – jeweils über weitere Kontakte in die Türkei geschafft worden sein. Kopf dieser Bande soll Ertan Y. gewesen sein. Die Schadensumme liegt laut Staatsanwaltschaft bei rund 3,6 Millionen Euro.
Ertan Y. steht am 13. Mai vor dem Basler Strafgericht. Wie er sich bis zu seiner Verhaftung sein Luxus-Leben finanzierte, erklärt sich die Staatsanwaltschaft so: «Dass sich die deliktischen Aktivitäten für den Angeklagten monetär lohnten, zeigt sich am luxuriösen Lebensstil, welchen der Angeklagte auf den sozialen Medien offen zur Schau stellte. Diesem extravaganten Lebensstil stand allerdings noch nie eine legale Erwerbstätigkeit entgegen.»
*Name geändert