Biel als Vorbild
Operieren beim Bahnhof statt im Spital

Für Schweizer Spitäler sind ambulante Behandlungen ein Minusgeschäft. Dennoch setzt das Spitalzentrum Biel darauf – und dient damit der Branche als Vorbild.
Publiziert: 22.09.2024 um 10:18 Uhr
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Spitaldirektor Kristian Schneider bewies Risikobereitschaft.
Foto: Philippe Rossier

Auf einen Blick

  • Ambulante Eingriffe sind für Spitäler günstiger – und für Patienten angenehmer
  • Spitalzentrum Biel investiert trotz Verlust in ambulante Behandlungen
  • Damit gilt das SZB als Vorbild für das Schweizer Spitalwesen
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Lino SchaerenRedaktor

In der Schweiz werden viele medizinische Eingriffe stationär vorgenommen, obwohl dank technischem Fortschritt keine Übernachtung im Spitalbett mehr nötig wäre. Stattdessen könnte der Patient oder die Patientin zum Termin kommen, sich auf den OP-Tisch legen – und noch am selben Tag nach Hause gehen.

Das wäre nicht nur für die Behandelten angenehmer, sondern auch günstiger für das Spital. Die tiefen ambulanten Tarife decken die Kosten nämlich nicht annähernd. Wegen massiver Fehlanreize im System findet der erwünschte Wandel allerdings nicht schnell genug statt.

«Sind ein Risiko eingegangen»

Setzt ein Krankenhaus heute auf Ambulatorien, verliert es Geld. Das Spitalzentrum Biel (SZB) jedoch liess sich nicht davon abhalten, genau das seit fünf Jahren konsequent zu tun.

Das SZB hat seine Aktivitäten personell und räumlich getrennt: Ambulante Behandlungen finden nicht mehr im Spital statt, sondern unmittelbar beim Bahnhof. Dort hat man 7000 Quadratmeter angemietet, ein Neubau soll 2026 in Betrieb gehen. Knapp 50 Millionen Franken hat das Spitalzentrum in die Infrastruktur inklusive Operationssälen investiert – trotz Verlustgeschäft. 

Spitaldirektor Kristian Schneider (53) erklärt den Grund: «Wir sind ins Risiko gegangen, weil wir davon ausgingen, dass sich die Rahmenbedingungen für ambulante Behandlungen verbessern werden.» Tatsächlich dürften die veralteten ambulanten Tarife nach jahrelangem Streit zwischen Versicherern und Leistungserbringern 2026 abgelöst werden. «Wir wollten jetzt ausbauen, damit unsere Infrastruktur bereit ist, wenn die Finanzierung angepasst wird», sagt Schneider.

Unterstützt wird er dabei von Pierre Alain Schnegg (61). Der Gesundheitsdirektor des Kantons Bern attestiert dem Spitalzentrum eine vorbildliche Strategie. Die sei zwar mit einem wirtschaftlichen Risiko verbunden, werde sich aber langfristig auszahlen. Schnegg wörtlich: «Das Spital muss einfach noch ein paar Jahre durchstehen.»

Versicherer interessiert am Bieler Modell

Im Schweizer Gesundheitswesen stösst der Bieler Weg auf grosses Interesse. Die Ambulatorien beim Bahnhof erhalten praktisch jede Woche Besuch von anderen Spitälern und Krankenkassen. Was sie sehen, ist laut Schneider überzeugend: Dank der kompletten Trennung vom Spital könne im ambulanten Bereich die Produktivität erhöht werden. Jetzt muss sich das nur noch finanziell auszahlen.

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