Über 800 Katzen werden aktuell auf der Website der Schweizerischen Tiermeldezentrale gesucht. Darunter Valeria Schachers* Büsi: beige getigert, buschiges Fell, noch nicht einmal ein Jahr alt. Es ist schon Schachers zweite Katze, die innerhalb von drei Monaten verschwindet. Grosse Erwartungen hat sie beim Verfassen ihrer Vermisstmeldung nicht, doch schon nach kurzer Zeit meldet sich ein gewisser Carsten.
Er schreibt: «Lieber Katzenfreund, es gibt eine gute Nachricht für Dich, Deine Katze lebt noch. Ohne ins Detail zu gehen, ein entfernter Bekannter von mir hat sie mitgenommen», schreibt er. «Solltest du dich heute nicht mehr melden, gehe ich davon aus, dass Du kein Interesse mehr hast.»
Carsten grüsst mit dem scharfen S (ß), das in der Schweiz nicht gebräuchlich ist und verschickt seine Nachrichten mit der fragwürdigen Absender-Domain cock.li. In ihrer Aufregung überfliegt Schacher die Nachricht nur und schreibt sofort zurück. Erst beim zweiten Mal Lesen wird sie misstrauisch. Weshalb nennt Carsten weder Nachnamen noch Telefonnummer? Noch am selben Tag erhält Schacher eine zweite E-Mail:
«Es verhält sich so, mein Bekannter ist kein besonderer Tierfreund und möchte durch einen Verkauf Geld verdienen. Wenn er wüsste, dass ich mit Ihnen schreibe, würde ich ziemlichen Ärger bekommen. Mit ihm ist auch nicht zu spaßen.»
Carsten spricht von einer anonymen Übergabe: Die Katze werde am kommenden Mittwoch zwischen 15 und 17 Uhr an einem sicheren Ort deponiert. Dieser Ort werde am Vortag bekanntgegeben. Die Aktion koste ihn circa 500 Euro, die Valeria Schacher in Bitcoins überweisen solle. Eine Anleitung sendet der Erpresser gleich mit. Natürlich wolle er anonym bleiben, um nicht in einem Verfahren gegen seinen Bekannten aussagen zu müssen.
«Ich bin eine reale Person und möchte Sie nicht schädigen», schreibt Carsten. Gleich danach droht er allerdings: «Sollten Sie die Transaktion nicht vornehmen, können Sie davon ausgehen, sie [die Katze] nicht mehr zu sehen. Das ist hart, aber die Realität.»
Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch
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Vorfälle dem Bund melden
Valeria Schacher ist bewusst, dass es sich um einen Schwindel handelt. Trotzdem will sie die E-Mails nicht einfach ignorieren und meldet sich beim Beratungszentrum des Beobachters. «Solche Erpressungsversuche sind ein Fall für die Polizei», sagt Rechtsberaterin Nicole Müller. Diese könne die Situation einschätzen und habe vielleicht eine gute Idee. «Wenn sich der Absender nicht zurückverfolgen lässt, wird es natürlich schwierig.»
Trotzdem können Betroffene etwas tun: «Sie sollten Melani, der Melde- und Analysestelle Informationssicherung des Bundes, vom Fall berichten und die E-Mail an reports@antiphishing.ch weiterleiten», empfiehlt Bernadette Christen, Geschäftsführerin der Schweizerischen Tiermeldezentrale. Diese kämpft momentan mit einigen Betrugsfällen. Frauen und Männer, die ein Tier vermissen, seien anfällig für Betrug, da sie emotional eine schwierige Zeit durchmachen. «Wenn die Leute unsicher sind, sollen sie auf jeden Fall zuerst eine Foto des Tieres verlangen, bevor weitere Schritte unternommen werden», so Christen.
*Name geändert
Haben auch Sie Ihr Büsi verloren und wurden danach von einer skurillen Person angeschrieben, der Geld im Austausch mit dem Tier gefordert hat? Melden Sie sich bei uns unter community@blick.ch.
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