Beschwerde gutgeheissen
Schweizer Goldhändler siegen vor Gericht

Die vier Goldraffinerien in der Schweiz müssen die Herkunft ihres Edelmetalles nicht offenlegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Entscheid das Geschäftsgeheimnis höher gewichtet als die Forderung nach mehr Transparenz.
Publiziert: 31.03.2022 um 16:44 Uhr
Die Herkunft von in der Schweiz weiterverarbeitetem Gold ist zuweilen zweifelhaft. Mehr Transparenz gibt es aber vorläufig nicht. (Themenbild)
Foto: SANDRO CAMPARDO

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hatte von der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) die Offenlegung der Goldlieferanten der vier grössten Schweizer Raffinerien für den Zeitraum von 2014 bis 2017 verlangt und sich dabei auf das seit 2004 geltende Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung berufen.

Die GfbV begründete ihren Einsichtsantrag unter anderem damit, dass sie diese Informationen für die von ihr erstellten Berichte zu diesem Thema benötige. Ausserdem verwies sie auf das überwiegende öffentliche Interesse. Es sei wichtig zu wissen, ob das importierte Gold unter menschenwürdigen und umweltverträglichen Umständen gewonnen werde

Die EZV wies das Gesuch der GfbV zuerst zurück, schwenkte nach einem Schlichtungsverfahren unter dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (Edöb) allerdings um und verfügte die Offenlegung der Daten. Dagegen wiederum rekurrierten die Raffinerien.

Das Bundesverwaltungsgericht gab ihnen nun in einem am Donnerstag veröffentlichten Entscheid recht und hiess deren Beschwerden gut. Die EZV habe nicht rechtskonform entschieden. Die eingeforderten Informationen gehörten zur Privatsphäre der Goldimporteure. Diese hätten ein schutzwürdiges privates Interesse an der Geheimhaltung.

Zudem falle der Gegenstand unter das Steuergeheimnis. Damit sei der Vorrang vor dem Grundsatz der Transparenz gegeben, heisst es in der Urteilsbegründung. Das Steuergeheimnis stelle einen absoluten Schutz der fraglichen Informationen dar, dies unabhängig von anderen Zwecken, für die die Daten gesammelt und verwendet würden. Die Vorinstanz habe die Ausnahmeregelung zu Unrecht angewendet.

Bei der GfbV ist die Enttäuschung nach dem Richterspruch aus St. Gallen gross. Denn die Transparenz vom Produzenten bis zum Konsumenten wäre essentiell, um schmutzigen Geschäften einen Riegel zu schieben, schrieb sie in einer Mitteilung. Weiterhin könnten sich nun die Importeure hinter dem Geschäftsgeheimnis verstecken und müssten niemandem bezüglich der Herkunft des Rohstoffs und damit verbundenen Risiken Rechenschaft ablegen.

Die zahlreichen Skandale in den letzten Jahren hingegen würden beweisen, dass die bestehenden Kontrollmassnahmen nicht genügten. Transparenz über die Herkunft importierten Goldes sei nötig zur unabhängigen Überprüfung, dass kein dreckiges Gold in die Schweiz gelange. Deshalb fordert die GfbV grundsätzlich mehr Transparenz in den Geschäftsbeziehungen.

Der Bundesrat wiederum setzt auf freiwillige Massnahmen der Branche und mehr Transparenz. Er räumt dabei ein, dass die derzeit verfügbaren Import- und Exportstatistiken weder eine eindeutige Bestimmung der Herkunft des Goldes noch dessen Produktionsverfahren erlaubten. Im März 2021 lehnte das Parlament bei der Revision des Geldwäschereigesetzes entsprechende Regulierungen jedoch ab.

Die Schweiz ist die wichtigste Drehscheibe im internationalen Goldhandel: Zwei Drittel des Edelmetalls weltweit werden hier raffiniert und verarbeitet. Woher das Gold stammt und unter welchen Umständen es gewonnen wurde, ist nicht immer klar.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig und kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. Die GfbV werde einen Weiterzug «ernsthaft prüfen», sagte Co-Geschäftsleiter Christoph Wiedmer auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

(Urteil 16.03.2022 zu Rekursen A-741/2019, A-743/2019/A-745/2019 und A-746/2019)

(SDA)

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