Wie schützen wir die Alten vor Corona?
Klinikdirektor will keine Besuchsverbote im Altersheim

Für ältere Menschen in Altersheimen ist Corona besonders gefährlich. Der Berner Altersmediziner Andreas Stuck fordert deshalb ein gesamtschweizerisches Schutzkonzept für Altersheime. Von Besuchsverboten bei einer zweiten Welle hält er wenig.
Publiziert: 10.08.2020 um 09:50 Uhr
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Altersmediziner Andreas Stuck will keine Besuchsverbote in Altersheimen mehr.
Foto: orthogeriatrics.ch

Die Mehrheit der Schweizer Corona-Opfer starb nicht in Spitälern – sondern in Altersheimen. Kein Wunder: Das Coronavirus ist vor allem für ältere Menschen eine tödliche Krankheit. Von bisher 1711 durch das Bundesamt für Gesundheit bestätigten Todesfällen in der Schweiz waren 1528 Menschen über 70 Jahre alt. Das entspricht rund 90 Prozent.

Entsprechend versuchten diese Institutionen in der ersten Welle, ihre Kunden besonders zu schützen. Überall wurden strikte Besuchsverbote erlassen, nicht einmal die eigenen Kinder erhielten Zugang in die Heime. Bei einer zweiten Welle soll dies anders werden. Dies fordert Andreas Stuck, Klinikdirektor der Geriatrischen Universitätsklinik an der Berner Insel-Gruppe.

«Wir brauchen klare, nationale Vorgaben»

In einem Interview mit den «Tamedia»-Zeitungen sagt der Altersmediziner, dass Besuchsverbote in einem ersten Schritt richtig gewesen seien, nun aber wisse man mehr. «Ein Besuchsverbot über eine längere Zeit ist undenkbar.» Man müsse Besuche nicht nur ermöglichen, «sondern auch fördern». Um das zu erreichen, fordert der Arzt ein nationales Schutzkonzept für Altersheime: «Wir brauchen klare, nationale Vorgaben.»

Das Konzept müsse auf drei Ebenen ansetzen. Erstens müsse geklärt werden, welches Schutzmaterial vorrätig sei und wie das Personal im Umgang damit geschult werde. Zweitens müssten die Besuche geregelt sein. Und es brauche drittens Räumlichkeiten für die Isolierung. «Wenn Angehörige Masken richtig tragen und sich an die Abstandsregeln halten, ist das Ansteckungsrisiko gering.

Ältere Menschen sollen nicht einkaufen gehen

«Sie können ihre Mutter vielleicht nicht in den Arm nehmen. Aber wenigstens bei ihr sein, mit ihr sprechen», sagt Andreas Stuck der Zeitung. «Das ist schon viel wert.» Dasselbe gelte auch für den Umgang mit älteren Menschen, die zu Hause leben. Stuck rät älteren Menschen davon ab, einkaufen zu gehen, solange keine Maskenpflicht in den Läden besteht.

Stuck anerkennt, dass es während der ersten Welle nicht optimal gelungen ist, die besonders verletzlichen Personen zu schützen. Nun aber müsse man die Lehren aus der Krise ziehen – denn diese sei noch lange nicht vorbei. (vof)


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