Wars der Wolf?
Zwei Pferde stürzen in Hasliberg BE in den Tod

Pferde-Drama im Kanton Bern. Ein 200-Meter-Sturz endet für zwei Tiere tödlich. Ist ein Wolf Schuld? «Ich bin am Boden zerstört», sagt eine der Besitzerinnen.
Publiziert: 20.09.2022 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2022 um 15:44 Uhr
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Mit dem Helikopter wurden die Kadaver von der Unfallstelle weggeflogen.
Foto: Sarah Anderhub
Nicola Abt

In Hasliberg BE hat sich in der Nacht auf Freitag ein Unglück ereignet. Zwei Pferde stürzten über 200 Meter in den Tod. «Ich bin am Boden zerstört», sagt eine der Besitzerinnen, Sarah Anderhub (34), zu Blick.

Nichtsahnend unternahm Anderhub am Donnerstag gemeinsam mit einer Kollegin und vier weiteren Personen einen Wanderritt zu einer Hütte am Hasliberg. Nach ihrer Ankunft liessen sie die Pferde auf die Weide. Die Grasfläche war von Stromzäunen umgeben und schien sicher. Doch der Eindruck täuschte.

Am nächsten Morgen waren die Tiere weg

Am Freitagmorgen trauten die Ausflügler ihren Augen nicht. «Alle Tiere waren weg. An mehreren Stellen klafften Löcher im Zaun.» Panik. Sofort begann die Suche nach den sechs Pferden. Kurz darauf entdeckten sie ein Tier hinter einem Hügel. Aufatmen. «Da Pferde Herdentiere sind, dachten wir, dass die anderen hinter dem nächsten Hügel stecken», sagt Anderhub. Doch die restlichen Pferde waren nirgends zu finden.

Verzweifelt suchten die Pferdehalter Unterstützung bei der Suche. «Mein Mann tätigte 53 Anrufe, doch niemand wollte uns wirklich helfen!» Um ca. 8.30 Uhr meldeten sie sich bei der Kantonspolizei Bern. Diese schickten eine Patrouille vorbei. «Die waren völlig planlos unterwegs. Nicht einmal beim Wildhüter haben sie sich gemeldet. Erst am Nachmittag kam die Nachricht, dass sie eine Wärmebildkamera organisieren.»

Polizei nur bei Gefährdung zuständig

Von Blick mit diesen Vorwürfen konfrontiert, heisst es bei der Berner Kantonspolizei: «Wir haben aktiv nach den Tieren gesucht. Grundsätzlich gehört es nicht zu unseren Aufgaben, weggelaufene Tiere zu suchen, solange keine Gefährdung für den Verkehr oder Drittpersonen besteht. Aufgrund verfügbarer Ressourcen und des guten Willens unserer Einsatzkräfte wurde eine solche Suche aber organisiert, um mithelfen zu können.»

Der Einsatz einer Drohne mit Wärmebildkamera sei in Erwägung gezogen worden, allerdings erfolge dieser in der Regel erst nach dem Einsatz anderer Mittel. «Ausserdem ist das in erster Linie für die Suche nach Menschen vorgesehen.»

Bauch offen, Kopf stark beschädigt

Auch beim Schweizer Militär ist ein Anruf eingegangen. Dieses verweist jedoch auf Blick-Nachfrage auf die kantonalen Polizeistationen, die einen Helikopter-Einsatz zuerst beantragen müssten.

Einzig ein paar Jäger versprachen, nach den Tieren Ausschau zu halten. Kilometerweit entfernt fanden diese schliesslich zwei weitere Tiere. Auch das vierte Pferd tauchte wenig später auf. Von den zwei letzten fehlte jedoch weiterhin jede Spur.

Am späteren Nachmittag machte Anderhubs Mann dann den schrecklichen Fund. «Beim Tier meiner Kollegin war der Bauch offen und bei meinem Pferd wurde der Kopf stark beschädigt.» Die Ursache für den 200-Meter-Sturz ist für Anderhub klar: «Dafür war ein Wolf verantwortlich. Nur er kann die Tiere in eine derartige Panik versetzen.» Gemäss dem Berner Jagdinspektorat ist gänzlich unbekannt, wie es zu diesem Unglück kommen konnte.

Am Sonntagmorgen wurde in Giswil OW – rund 20 Kilometer von der Unglücksstelle entfernt – ein Wolf überfahren.

Anderhub und ihr Mann leiden nach wie vor unter dem tragischen Zwischenfall am Hasliberg. «Wir sind alle traumatisiert. Am Sonntagabend traute ich mich nicht einmal mehr, die Tür bei unseren Hühnern zuzumachen. Ich habe ständig das Gefühl, dass ich von einem Wolf beobachtet werde.»

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