Fabian K.* (40) steht vor seinem ehemaligen Arbeitsort: der forensisch-psychiatrischen Station Etoine, einer Abteilung der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern. Fabian K. ist der Mann, der mit einer aufsichtsrechtlichen Anzeige und einem zehnseitigen Bericht über die Zustände in Etoine eine amtliche Untersuchung ausgelöst hat.
Im Auftrag des Berner Gesundheits- und Fürsorgedirektors Philippe Perrenoud (SP) geht der Zuger alt Regierungsrat Hanspeter Uster (Grüne) den Vorwürfen nach. Und diese wiegen schwer.
In der Station Etoine sind psychisch erkrankte Menschen mit besonders hoher Gewaltbereitschaft, Mörder und Vergewaltiger untergebracht. Die ganzen Strukturen und baulichen Massnahmen seien aber nicht auf die gefährliche Kundschaft zugeschnitten.
U-Häftling im allgemeinen Bereich
«Die Türen der Zellen können nicht abgeschlossen werden. Weil die Station der Gesundheits- und Fürsorgedirektion untersteht, gelten hier Regeln wie in einem Spital», sagt Fabian K. Ein Arzt habe einem Untersuchungshäftling sogar erlaubt, in den allgemeinen Bereich zu gehen. «Von dort aus hat er dann sein Opfer angerufen», erzählt Fabian K.
Auch die baulichen Massnahmen seien ungenügend. «Der Zaun im Spazierbereich ist zu tief und kann an mehreren Punkten leicht überwunden werden. Es gibt keine Sensoren, die Alarm auslösen. «Bis heute ist noch niemand ausgebrochen. Aber das ist nur eine Frage der Zeit», sagt Fabian K.
Der Wachmann begann seine Arbeit kurz nach der Eröffnung der Station im November 2011. Von Anfang an störte den Wächter die fehlende Information für das Sicherheitspersonal. «Wir durften nicht wissen, woran die Patienten erkrankt oder wie gefährlich sie sind», sagt Fabian K.
«Wir würden sonst voreingenommen auf die Patienten zugehen, war die Begründung der Ärzte.» Fabian K. und zwei seiner Kollegen haben die Sicherheitsmängel schliesslich gemeldet – und wurden entlassen.
SVPler fordern Polizei-Aufsicht
Die Berner Grossrätin Sabina Geissbühler-Strupler hat mit den SVP-Grossratskollegen Thomas Knutti und Thomas Fuchs eine Motion eingereicht. Sie fordern, die Station Etoine unter die Aufsicht der Polizei- und Militärdirektion zu stellen. Auch sie bemängeln die Sicherheitsstandards.
«Die Station war für die Gefährlichsten der Gefährlichen bestimmt. Die Befürworter haben damals die hohen Kosten mit den aufwändigen Sicherheitsmassnahmen gerechtfertigt. Doch nun stellt sich heraus, dass die Sicherheitsstandards nicht eingehalten werden», sagt Sabina Geissbühler-Strupler.
«Was nach Aussagen von Fabian K. in dieser Klinik alles abläuft, ist schockierend. Die Station Etoine gleicht einer tickenden Zeitbombe.»
Die Leitung der Station Etoine und der Universitäre Psychologische Dienst äussern sich nicht zu den Vorwürfen, verweisen auf die laufende Untersuchung. Diese dauert noch bis Ende Februar 2014.