Die Verhandlung gegen den 46-jährigen, im Grossraum Zürich wohnhaften Mann findet in Abwesenheit des Angeklagten statt. Wie der mit dem Fall betraute Gerichtspräsident des Regionalgerichts Bern-Mittelland beim Prozessaufakt bekanntgab, hat der Türke ein Arztzeugnis vorgelegt.
Laut diesem Attest ist der Mann nicht verhandlungsfähig. Der Angeklagte wünschte aber laut dem Gerichtspräsidenten, dass der Prozess trotzdem stattfindet. Niemand sprach sich am Montagmorgen im Berner Amthaus dagegen aus, so dass das Beweisverfahren eröffnet wurde.
Angeklagt ist der türkische Autofahrer hauptsächlich der eventualvorsätzlich versuchten Tötung und der eventualvorsätzlich schweren Körperverletzung. Dies zum Nachteil von sieben Personen. Die Staatsanwaltschaft schliesst nicht aus, dass der Mann einen Teil der ihm vorgeworfenen Taten in einer rechtfertigenden Notwehr beging.
Das geht aus der am Montagmorgen Medienvertretern abgegebenen Anklageschrift hervor. Es geht um einen Vorfall vom 12. September 2015 in der Nähe des Berner Helvetiaplatzes. Dort wollten an diesem Tag türkische Nationalisten gegen «jegliche Art von Terrorismus» demonstrieren.
Kurden versuchten, diese bewilligte Demo unter allen Umständen zu verhindern. Sie versammelten sich auf dem Helvetiaplatz. Zwischen den beiden Gruppen postierte sich die Polizei, um ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppierungen zu verhindern.
Es kam zu Angriffen von Kurden und ihrer Sympathisanten auf die Polizei. Und auf einer Strasse nahe des Helvetiaplatzes gerieten zwei Autos mit Türken in eine Gruppe von Kurden. Die Kurden schlugen auf die Autos ein und attackierten einen Teil der Autoinsassen, unter anderem den angeklagten Türken.
Dieser erlitt drei Rissquetschwunden am Kopf sowie Blutungen und Schürfungen. Ein Kurde, welcher an diesem Angriff beteiligt war, stand im März dieses Jahres in Bern vor Gericht und wurde zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Mehrere Kurden treten im Prozess gegen den türkischen Automobilisten als Privatkläger auf.
Der türkische Automobilist sagte im März anlässlich des Prozesses gegen den Kurden vor Gericht aus und beschrieb den Angriff als «die schlimmsten Momente seines Lebens».
Laut Anklageschrift konnte er sich im Verlauf des Angriffs in den Wagen retten und fuhr dann der Gruppe von Kurden davon. Unten an der Aare soll er seinen Mercedes gewendet haben und dann beim Hinauffahren der Strasse ungebremst in die Kurden gefahren sein.
Die Bilder der vom Auto weggeschleuderten Menschen verbreiteten sich im September 2015 rasch via Soziale Medien. Von einer «Amokfahrt» war die Rede. Das Gericht wird nun die Umstände dieses Vorfalls untersuchen.
Im September 2015 tobte im Nordirak ein gewaltsamer Konflikt zwischen türkischer Armee und kurdischen Kämpfern der PKK. Dieser Konflikt schwappte damals nach Bern. Bei den Auseinandersetzungen in Bern wurden 25 Personen verletzt, darunter fünf Polizisten. Es kam zu über hundert Strafverfahren.
Drei Verhandlungstage hatte das Regionalgericht Bern-Mittelland im Berner Amthaus für den Prozess reserviert. Nun endet das Beweisverfahren eventuell schon am Montag, wie der Gerichtspräsident bekanntgab. Das Urteil will das Berner Gericht am 28. Juni bekanntgeben.
(SDA)