Für Leyla* (14) sollte es ein ganz besonderer Start ins neue Schuljahr werden. In den Sommerferien hat sich die Neuntklässlerin dazu entschieden, im Unterricht ab sofort den Hijab zu tragen, das islamische Kopftuch.
Doch mit der Reaktion der Schulleitung hat sie nicht gerechnet. In der ersten Pause wartet plötzlich der Schulleiter auf dem Gang. Er sagt ihr, das Kopftuch verstosse gegen die Schulregeln. Jede Hauptbedeckung im Klassenzimmer sei verboten. Mit Kopftuch dürfe sie nicht am Unterricht teilnehmen. Leyla muss ihr Zeug packen und wird vor den Augen ihrer Schul-Gspändli nach Hause geschickt.
Der Zwischenfall hat sich am letzten Montag im Oberstufenschulhaus Länggasse in Thun BE zugetragen. Der Thuner Schulvorsteher Roman Gimmel bestätigt eine Meldung der «SonntagsZeitung».
Noch am gleichen Abend telefoniert der Schulleiter mit Leylas Vater. Er hält an seinem Entscheid fest: Mit Hijab kein Unterricht. Weil der Schulleiter aber keinen schriftlichen Verweis erlässt, schickt der Vater seine Tochter wieder zu Schule. «Das ist ja auch Pflicht», sagt er gegenüber der Zeitung.
Lehrer drohte mit Polizei
Als Leyla am Dienstag wieder mit Kopftuch auftaucht, kommt es zum Eklat: Der Klassenlehrer will sie von der Schule verweisen. Leyla weigert sich. Ihr Mitschüler bekommen den lauten Streit mit. Der Lehrer soll Leyla sogar mit der Polizei gedroht haben. Zu viel für die Schülerin: Obwohl die Schulleitung keine schriftliche Verfügung erlässt, bleibt sie den Rest der Woche dem Unterricht fern.
Ob ein solcher Verweis überhaupt rechtens wäre, ist fraglich: Im Kanton Bern ist das Tragen von Kopftücher im Unterricht ausdrücklich erlaubt. Im Leitfaden der kantonalen Erziehungsdirektion (ERZ) steht geschrieben: «Der Kanton Bern hat für Schulen keine Bekleidungs- oder ähnliche Vorschriften erlassen. Schülerinnen und Schüler dürfen deshalb z. B. Kippa, Kopftuch, Kruzifixe oder religiös motivierte Frisuren tragen.»
Die Schulleitung scheint das nicht zu interessieren. Auch morgen Montag wird Leyla vom Unterreicht ausgeschlossen, wenn sie mit Kopftuch erscheint. Das bestätigt der Schulleiter auf Anfrage der «SonntagsZeitung». Er teilte dem Vater mit, er müsse brieflich festhalten, dass er wünsche, dass seine Tochter mit Kopftuch zur Schule gehe. Das will der Vater allerdings nicht: «Es ist nicht mein Wunsch, sondern der Entscheid meiner Tochter.»
Der Thuner Schulvorsteher hat für Montag eine Sitzung einberufen, an der er sich aus erster Hand über die Situation ins Bild setzen wolle. An dieser Sitzung werde dann das weitere Vorgehen festgelegt.
Leyla, die laut eigenen Aussagen Architektin werden will, soll unter dem Schulverbot extrem leiden. Innert einer Woche habe sie vier Kilo Gewicht verloren, schreibt die Zeitung weiter.
(vsc)