Hat eine angehende Polizistin ihren Rock gelupft, um einer Busse zu entgehen? Mit dieser Frage beschäftigte sich gestern das Regionalgericht Bern-Mittelland.
Der Zwischenfall ereignete sich letzten Sommer auf der Autobahn bei Bern, wie die «BZ» heute berichtet. Zwei Polizisten hatten im Juli eine Autofahrerin mit Walliser Kennzeichen angehalten, weil sie auf einen Camper aufgefahren war und diesen rechts überholt hatte.
Daraufhin sei es mit der Verkehrssünderin, einer angehenden Polizistin, zu einer kuriosen Szene gekommen. «Sie erwähnte, sie habe Angst, die Polizeischule abbrechen zu müssen», erinnert sich einer der Beamten vor Gericht.
Dann habe die Frau zu weinen begonnen. «Sie schaute mich an und fragte, ob man das nicht anders lösen könne.» Später im Wagen witzelte er mit dem Kollegen: «Sie wollte es in Naturalien begleichen und hat das Röckli gelupft.»
Er habe sich zwar nicht bestochen gefühlt, im Rapport erwähnt habe er den Zwischenfall aber trotzdem, so der Polizist. Mit ungeahnten Folgen: Der Staatsanwalt schaute ganz genau hin und klagte die Autofahrerin an. Der Vorwurf: Bestechung.
«Nicht klar, wie der Rockzipfel ins Spiel kam»
Vor Gericht kam die Frau gestern aber schliesslich mit einem blauen Auge davon. Sie wurde zwar wegen ihrer Verkehrsdelikte zu einer bedingten Geldstrafe und Bussen verurteilt, vom Vorwurf der Bestechung aber freigesprochen.
Es habe nie ein konkretes Angebot gegeben, das für den Polizisten einen Vorteil bedeutet hätte, lautet die Begründung des Richters. Die Aussage der Frau, ob man die Sache «nicht anders» lösen könne, müsse nicht zwingend im Zusammenhang mit dem Rock stehen. «Es ist mir nicht klar, wie der Rockzipfel ins Spiel gekommen ist», wird der Richter zitiert.
Ein Happy End gab es für die Frau übrigens nicht nur vor Gericht, sondern auch karrieretechnisch: Ihre Ausbildung konnte sie trotz der Rockzipfel-Affäre erfolgreich beenden. Heute arbeitet sie bei der Polizei. (gr)