Sonja (20) aus Eggiwil (BE)
«Ich bekam mein Baby in der Emme»

«Ich schnitt die Nabelschnur mit dem Sackmesser durch. Das Baby war ganz blau.»
Publiziert: 24.08.2011 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2018 um 13:38 Uhr
Von Ralph Donghi

Lange schwieg sie. Sonja T. (20) aus Eggiwil BE. Die sportliche junge Frau ist die Mutter des Babys, das im Juli tot in der Kompostieranlage in Bellach SO gefunden wurde (BLICK berichtete).

Sonja T. senkt ihren Blick zu Boden. Und beginnt, ihre Geschichte zu erzählen:

«Ich habe nie gemerkt, dass ich schwanger bin», sagt die Verkäuferin. «Ich hatte schon ein grösseres Bäuchlein und die letzten Monate vor der Geburt ab und zu Schmerzen. Aber ich ging nie zum Arzt. Ich hätte doch nie gedacht, dass ich schwanger bin.»

Auch ihr Freund (21), mit dem sie seit April 2010 zusammen ist, habe nichts geahnt.

«Ich war völlig überrascht und handelte einfach»

Am Pfingstwochenende hat Sonja T. frei. «Ich hatte plötzlich mega Bauchschmerzen und ging an die Emme spazieren», erinnert sie sich. «Als es immer schlimmer wurde und ich merkte, dass ich ein Kind bekomme, ging ich ins Wasser. Dann ist es passiert. Ich brachte das Baby in der Emme zur Welt. Ich war völlig überrascht und handelte einfach. Als ich sah, dass das Baby ganz blau war und nicht lebte, schnitt ich die Nabelschnur durch. Mit einem Sackmesser, das ich dabei hatte.»

Sonja T. sagt, sie habe das Bübchen auf einen Stein gelegt, damit sie sich selber waschen konnte. «Plötzlich war das Baby weg, vom Wasser mitgenommen!»

Acht Tage später wird Sonja T. verhaftet

War die junge Frau in dem Moment nicht unglaublich traurig? «Ich kann dazu nichts sagen. Ich wusste zuvor ja nicht, dass ich schwanger bin. Und ich weiss nicht, was ich gefühlt hätte, wenn das Baby noch gelebt hätte.» Sie sei nach Hause gegangen und habe alles für sich behalten.

Das tote Baby wird vom Wasser bis zum Wehr in Flumenthal getragen. Und von da mit dem Schwemmholz in die Kompostieranlage. Dort findet es Stefan Affolter (38) am 1. Juli.

Acht Tage später wird Sonja T. dank aufmerksamen Einwohnern von der Polizei verhaftet. Eine Nacht und einen Tag lang muss die 20-Jährige in U-Haft bleiben. Mit einem DNA-Vergleich wird ihr schliesslich nachgewiesen, dass es ihr Baby ist. Dann kommt sie frei.

Auf dem Gemeinschaftsgrab soll es beerdigt werden

Sonja T. sagt: «Ich habe dem Baby keinen Namen gegeben.» Sie muss irgendwann noch für eine letzte Einvernahme zur Polizei. Danach will sie ihr Kind auf dem Gemeinschaftsgrab des Friedhofs in Eggiwil beerdigen. «Für mich ist diese Geschichte nun abgeschlossen», meint sie. «Mein Freund ist mir auch nicht böse. Ich habe ihn noch.»

Strafrechtlich kann Sonja T. nicht wegen eines Tötungsdeliktes zur Verantwortung gezogen werden – weil ihr Söhnlein bereits tot zur Welt kam. Sie kann aber wegen Störung des Totenfriedens und Gewässerverschmutzung eine Strafe kriegen.

*Name der Redaktion bekannt

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