Schweizerin (†54) in Lengnau BE tot aufgefunden
1:01
Nachbarin zum Tötungsdelikt:Schweizerin (†54) in Lengnau BE tot aufgefunden

Staatsanwalt fordert 12 Jahre
«Lia F. wollte leben, für ihre Kinder da sein, Marco R. hat das beendet»

In Biel BE beginnt am Montag der Prozess um den Tod von Lia F. (†54). Ein 34-Jähriger muss sich wegen vorsätzlicher Tötung verantworten. Er soll die Frau im Juni 2023 in Lengnau aus dem Fenster gestossen haben.
Publiziert: 06.04.2025 um 20:23 Uhr
|
Aktualisiert: 16:13 Uhr
1/7
In Lengnau BE kam es im Sommer 2023 zu einem Tötungsdelikt.
Foto: Luisa Ita

Darum gehts

  • Frau in Lengnau BE tot aufgefunden, mutmasslicher Täter verhaftet
  • Staatsanwaltschaft wirft Mann vorsätzliche Tötung nach Streit und Fenstersturz vor
  • Ab Montag beginnt dreitägiger Prozess vor dem Regionalgericht in Biel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_814.JPG
Martin MeulReporter News
vor 37 Minuten

«Viele Annahmen»

In die Aussagen seines Mandanten sei von den Behörden viel hereininterpretiert worden. «Es gibt viele Annahmen bei den vermeintlichen Beweisen.» Sein Mandant habe nie erklärt, Lia F habe sich umbringen wollen. «Er ist lediglich davon ausgegangen.» Die Behörden hätten eine Tötung konstruiert, ohne stichhaltige Beweise. 

Hätte sein Mandant Lia F., wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, rücklings aus dem Fenster gestossen, hätten sich um Fenster und an ihrem Rücken Spuren davon finden müssen. «Mein Mandant hatte kein Motiv Lia F. zu töten.» 

Viel wahrscheinlicher sei es, dass Lia F im Drogenrausch, eine unüberlegte und impulsive Entscheidung getroffen habe. «Immerhin hatte sie Crystal Meth im Blut», so der Verteidiger. 

vor 52 Minuten

Was sagt der Verteidiger von Marco R.?

Nun ist es Zeit für das Plädoyer des Verteidigers von Marco R. «Ich bin überzeugt, dass mein Mandant Lia F. nicht getötet hat», sagt der Anwalt. 

Sein Mandat sei mit dem Opfer verbunden gewesen, habe ihr helfen wollen. Viele von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Beweise gründeten lediglich auf Annahmen. «Auch bei den Sachbeweisen ist die Sache längst nicht so klar, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet», so der Verteidiger. 

Sein Mandant sei beim tödlichen Sturz von Lia F. nicht im Schlafzimmer der Frau gewesen. Der Verteidiger verweist auf den Drogenkonsum von Lia F. «Sie hat Monster gesehen, das war bekannt.» Es sei daher durchaus glaubhaft, dass sich Lia F. in einem instabilen mentalen Zustand befunden habe. 

16:04 Uhr

Anwältin der Kinder spricht

«Marco R. hat den Kindern ihre Mutter genommen, ganz unvermittelt», sagt die Anwältin. Man könne sich vorstellen, wie schwer es sei, die Mutter auf diese Art zu verlieren. «Bis heute wissen sie nicht, was in jener Nacht geschehen ist.» Das solle dieses Verfahren ändern. 

Auch die Anwältin der Kinder weist auf die Diskrepanz zwischen den Aussagen des Beschuldigten und den Beweisen hin. «Die ersten Angaben, die Marco R. gegenüber der Polizei gemacht hat, waren schlicht falsch», so die Anwältin. Marco R. habe später seine Aussagen geändert. «Es fällt auf, dass er seine Aussagen jeweils dem aktuellen Ermittlungsstand angepasst hat.» R. habe sich immer möglichst günstig darstellen wollen. «Der Beschuldigte agiert taktisch, instrumentalisiert die angeblichen Suizidgedanken von Lia F.» 

Der behandelnde Psychologe habe zudem keine Suizidabsichten bei der Mutter ihrer Mandanten festgestellt. 

Die Anwältin vermutet als Motiv für die Tötung einen Streit über Sex. Als Beweis dafür zieht sie die DNA-Spuren heran, die an Lia F. gefunden wurden. 

«Alle Spuren deuten darauf hin, dass Lia. F versucht hat, einen Sturz aus dem Fenster zu verhindern», sagt die Anwältin. 

15:27 Uhr

Staatsanwalt fordert lange Haftstrafe

Aufgrund der mutmasslichen Tat von Marco R. fordert der Staatsanwalt eine lange Haftstrafe. «Lia F. wollte leben, für ihre Kinder da sein, Marco R. hat das beendet. Das ist vorsätzliche Tötung. F's Tod war ganz allein die Entscheidung von Marco R. Er zeigte keinerlei Skrupel.» Dafür, und wegen Drogenhandels, solle R. 12 Jahre und sechs Monate in den Knast. 

14:40 Uhr

«Warum hat er Lia F. nicht geholfen?»

Der Staatsanwalt hegt massive Zweifel an der Suizid-Theorie. «Marco R. war angeblich mit Lia F. befreundet. Warum hat er ihr dann nicht geholfen, wenn sie suizidgefährdet war, sondern hat ihr den Rücken zugekehrt?» 

Zudem eine suizidgefährdete Person im Normalfall keine SMS mit einem Hilferuf verschickt und auch nicht lautstark um Hilfe rufe. 

Ein Gutachten hätte weiterhin ergeben, dass es physikalisch deutlich wahrscheinlicher sei, dass Lia F. bei ihrem Sturz ins Zimmer geschaut habe. «Das passt nicht zu einem Suizid», so der Staatsanwalt. 

14:27 Uhr

«Sein Blut war überall»

Der Staatsanwalt erklärt, dass das Blut von Marco R. überall in der Wohnung gefunden wurde, aber auch auf Lia F. «Das zeigt, dass sie sich massiv gegen ihn gewehrt hat.» Es sei nicht einfach nur eine kurze körperliche Auseinandersetzung zwischen den beiden gewesen. 

Lia F. hatte sich in ihrem Schlafzimmer verbarrikadiert. «R. trat die Türe ein, der kam wie eine Furie in ihr Zimmer.» Das sei der Moment gewesen, in dem F. um Hilfe gerufen habe. «Dann schrieb Lia F. die letzte SMS ihres Lebens.»


14:06 Uhr

«Hilfe, Hilfe, Hilfe»

Der Staatsanwalt geht auf die Zeugenaussagen aus jener Nacht ein. Er beschreibt, dass eine Nachbarin einen lauten Streit zwischen Lia F. und einem Mann gehört. «Die Frau schrie: Hilfe, Hilfe, Hilfe», so der Staatsanwalt. 

Erst Stunden nach dem Zeugenaufruf in den Medien habe Marco R. sich bei den Behörden gemeldet. «Zudem hatte er sich Information über Beweise an einem Tatort im Netz angesehen. Unter anderem wie lagen sich DNA nachweisen lässt», so der Staatsanwalt. Er habe versucht, die Behörden von einem Suizid von Lia F. zu überzeugen. «Er zog eine grosse Show ab, stellte Lia F. als verrückt dar, dass sie suizidgefährdet gewesen sei.» 

Marco R. habe erst eine, dann eine andere Version erzählt. «Zuerst war er zum Zeitpunkt des Sturzes nicht in der Wohnung, dann plötzlich doch.»

Auch auf das Handy der Toten kommt der Staatsanwalt zu sprechen. «Erst auch mehrfache Nachfrage gab R. zu, das Handy vom Tatort entfernt zu haben», so der Staatsanwalt. 

Alle Beweise sprechen für den Staatsanwalt dafür, dass Lia F. von Marco R. aus dem Fenster gestossen wurde. 

13:41 Uhr

Es geht weiter – der Staatsanwalt spricht

Der Staatsanwalt erklärt, dass in diesem Fall zwei komplett verschiedene Versionen erzählt werden. «Auf der einen Seite die Version der Beweise, der Ermittlungen, die schlüssige Version.» Auf der anderen Seite eine Version voller Widersprüche, der Ablenkung. «Die Version des Angeklagten.» 

«Die Beweise sprechen aber eine klare Sprache», sagt der Staatsanwalt. «Es gibt aber auch die Beweise, die fehlen. Wo sind die Spuren von Lia F. am Fenster, warum lag ihr Körper so nah am Haus, wenn sie doch gesprungen ist?» Die Antwort aus Sicht des Staatsanwalts: Sie sei nicht gefallen, sie sei gestossen worden. 

12:25 Uhr

Mittagspause

Der Prozess wird um 13.30 Uhr fortgesetzt.

12:07 Uhr

«Warum haben Sie keine Hilfe gerufen?»

Nach dem Sturz von Lia F. aus dem Fenster sei er nach unten zu ihrem Körper gegangen. «Ihre Augen waren offen, ich wusste, dass sie tot war.» Warum er keine Hilfe gerufen habe, will die Gerichtspräsidentin wissen. «Ich war traumatisiert, hatte Angst», sagt Marco R. Darum habe er sich nicht gemeldet. 


Kommt vor Gericht endlich Licht in das Todesrätsel um Lia F.* (†54)? Der 25. Juni 2023 ist ein Schock für die gut 5500 Einwohner von Lengnau BE. Um 3.55 Uhr wurde die Kantonspolizei Bern alarmiert, weil eine Frau leblos vor einem Wohnhaus am Friedrich-Glauserweg lag – Lia F.

Sandra Huber, die Gemeindepräsidentin von Lengnau, sagte damals zum Sender Canal 3: «Mich persönlich macht dieses Ereignis sehr betroffen. Wir sind alle schockiert. Es ist schlimm, dass so etwas überhaupt passiert. Und es geht einem sehr nahe, wenn es im eigenen Dorf geschieht.»

Die eintreffenden Rettungskräfte konnten nur noch den Tod der Schweizerin feststellen. Noch am selben Tag sprach die Polizei davon, dass eine Dritteinwirkung nicht ausgeschlossen werden könne. Hatte jemand Lia F. aus dem Fenster gestossen? Die Behörden suchen Zeugen.

Mutmasslicher Täter schnell gefasst

Schon einen Tag später klickten die Handschellen. Ein mutmasslicher Täter (34) wurde verhaftet. Er sass seit jenem Tag in Untersuchungshaft. Zudem teilte die Polizei mit, dass Lia F. «aufgrund schwerer innerer Verletzungen infolge eines Sturzes verstorben ist». 

Der Schock über den Tod von Lia F.* sass damals tief im Quartier. Zum Beispiel bei Bea Brunetti (57). Sie kannte das Todesopfer persönlich und wohnte unweit von der Stelle, an der F. leblos entdeckt wurde. «Ich bin in der Nacht aufgewacht und habe plötzlich ein lautes Geräusch gehört», so Brunetti im Jahr 2023 zu Blick. 

Als sie dann auf den Balkon gegangen sei, um nachzuschauen, was los ist, sei ein Rettungshelikopter über sie hinweg geflogen. Brunetti konnte kaum fassen, dass Lia F. aus dem Leben gerissen wurde. «Sie war eine wirklich liebe Frau und hätte nie jemandem etwas zuleide getan.» Sie sei quirlig und zufrieden gewesen und habe immer freundlich gegrüsst, so die Anwohnerin weiter.

Jetzt kommt es zum Prozess

Vergangenen Oktober erhob die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland dann Anklage gegen den mutmasslichen Täter. Die Staatsanwaltschaft ist wegen der Ermittlungsergebnisse sicher, dass es in der Tatnacht in der Wohnung des Opfers kurz vor dem Fenstersturz zu einem tätlichen Streit zwischen dem Mann und der Frau gekommen war.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, im Zuge des Streits Lia F. verletzt und sie dann durch ein offenes Fenster im dritten Stock gestossen zu haben. In der Folge sei die Frau ihren Verletzungen erlegen. Täter und Opfer hätten sich gekannt, da der Beschuldigte erst in der Nacht beim späteren Opfer eingetroffen sei. Mehr Details zum Tathergang gibt es nicht, die Anklageschrift wird erst zu Prozessbeginn öffentlich gemacht.

Die Anklage lautet derweil auf vorsätzliche Tötung und Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Angeklagte muss sich ab Montag in einem auf drei Tage angesetzten Prozess vor dem Regionalgericht in Biel verantworten. Blick ist vor Ort und berichtet live. 

Gemäss Staatsanwaltschaft bestreitet der Beschuldigte die Vorwürfe gegen ihn. Für den 34-Jährigen gilt die Unschuldsvermutung. Laut Medienberichten bestreitet er die Vorwürfe.

Fehler gefunden? Jetzt melden