Sex mit Knast-Therapeutin – Psychologe kritisiert Berufskollegin
«Am Ende tut mir der Täter sogar leid»

Er ein verurteilter Mörder. Sie seine Therapeutin. Die beiden führten wohl über Jahre hinweg eine geheime Beziehung. Das machte BLICK am Dienstag publik. Nun kritisiert der pensionierte Psychologe Thomas Spielmann (69) im Interview die brisante Liaison der Therapeutin.
Publiziert: 01.09.2020 um 19:42 Uhr
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Der pensionierte Psychologe Thomas Spielmann kritisiert die verhängnisvolle Liaison seiner Berufskollegin. Ihre fristlose Entlassung nach Bekanntwerden des Skandals ist von ihm aus gesehen die richtige Entscheidung gewesen.
Foto: Zvg
Interview: Luisa Ita

BLICK: In der Justizvollzugsanstalt St. Johannsen kam es zu einer Sex-Affäre zwischen einem verurteilten Mörder und der behandelnden Therapeutin. Was sagen Sie dazu?
Thomas Spielmann:
Ich bin erschrocken, als ich die Geschichte im BLICK gelesen habe. Das ist mit Sicherheit ein schlimmer Fehler, der so nicht passieren darf. Ich habe mich zudem gefragt, ob diese Frau wirklich eine studierte Fachpsychologin für Psychotherapie FSP ist. Oder ob sie gar keine richtige Ausbildung hat.

Gibt es das?
Ja, ganz oft sogar. Die sind natürlich billiger in der Anstellung. Die machen teure ‹Kürsli› und nennen sich dann Psychologe. Wenn die Therapeutin in diesem Fall wirklich die komplette Ausbildung gemacht hätte, hätte sie nämlich gewusst, wie mit so einer Situation umzugehen ist. Man muss das strikt trennen, ob man für jemanden ein warmes Herz hat oder ob man erotisiert und sexualisiert wird.

Gibt es so etwas wie eine Richtlinie, wann diese Grenze überschritten wird?
Generell gilt: Das, was alle sehen dürfen, ist erlaubt. Sobald ich Schmetterlinge im Bauch habe, muss ich mir das eingestehen und handeln.

Denken Sie nicht, dass Mihajlo S.* (36) die Beziehung auch wollte?
Jemand mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, wie sie dem Inhaftierten per Gutachten attestiert wurde, ist ein Meister der Manipulation. Mihajlo S. wollte die Beziehung wahrscheinlich schon auch – und die Therapeutin ist ihm auf den Leim gegangen. Aber sie hätte als Fachperson den Schlussstrich ziehen sollen. Am Ende tut mir der Häftling sogar leid. Er wurde durch die Psychologin nicht richtig therapiert. Die Persönlichkeitsstörung hat stagniert oder ist gar noch grösser geworden. Heisst also: Der Häftling ist weiterhin so gefährlich wie vorher und wird wohl jetzt seine ganze Strafe absitzen müssen.

Wann genau hätte die Therapeutin den Schlussstrich ziehen sollen?
Sie hätte mit ihrem Arbeitgeber schon während der Therapie reden sollen. Sie hätte offenlegen müssen, dass sie diesem Straftäter als Frau und nicht als Fachperson gegenübersitzt. Und sie hätte eine Supervisionsstunde verlangen sollen – oder sich selbst in Therapie begeben müssen.

Was sagen Sie zu der fristlosen Entlassung der Psychologin?
Das war die richtige Entscheidung.

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