Türke soll für Amokfahrt von Bern in den Knast
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Amok-Fahrt an Kurden-Demo:«Wir sind um unser Leben gefahren»

Raste in Kurden-Gruppe
Türke soll für Berner Amokfahrt in den Knast

Im September 2015 wurden zwei mit Türken besetzte Autos von Kurden attackiert. Ein heute 54-Jähriger gab Gas und überrollte mehrere junge Männer. Dafür soll der Mann acht Jahre in den Knast.
Publiziert: 21.06.2021 um 16:09 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2021 um 17:34 Uhr
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Gegen diesen Türken läuft nun der Prozess in Bern.
Foto: Philippe Rossier

Erst wurde der Prozess wegen Corona verschoben, nun beginnt der Amokfahrt-Prozess. Ein Türke, der 2015 in Bern am Rand von zwei Kundgebungen mit seinem Auto in eine Gruppe von Kurden fuhr, soll für acht Jahre in Haft. Das verlangte die Staatsanwältin am Montag am Prozess gegen ihn. Der Verteidiger beantragte Freispruch.

Der Vorfall ereignete sich im September 2015 am Rand einer bewilligten Kundgebung von Türken und einer unbewilligten Gegenkundgebung von Kurden in der Nähe des Berner Helvetiaplatzes. Damals herrschte in Nordirak Krieg zwischen der türkischen Armee und kurdischen Kämpfern der PKK. Die Wogen gingen hoch.

Der angeklagte Türke wollte zusammen mit seiner Familie in Bern an der Kundgebung teilnehmen. Als er und ein anderes von einem Türken gesteuerten Auto beim Helvetiaplatz ankamen, wies sie ein Polizist hinab zur Aare, über die Schwellenmattstrasse. Fatalerweise befanden sind dort just zu dieser Zeit zahlreiche Kurden.

«Wir sind um unser Leben gefahren»

Ein Autokleber der rechtsextremen Türken-Partei «Graue Wölfe» auf einem Mercedes hatte damals die jungen PKK-Anhänger dazu provoziert, die beiden Autos mit Stangen anzugreifen. Die Cousine des Mercedes-Fahrers, die damals ebenfalls im Wagen sass, erklärt wenige Tage nach dem Vorfall im BLICK: «Wir sind um unser Leben gefahren. Wir hatten Todesangst.»

Die Kurden erkannten die Türken und griffen die Autos und die Insassen an. Die Staatsanwältin sprach am Montag von einem massiven Angriff. Der angeklagte Türke beispielsweise erlitt drei Rissquetschwunden am Kopf sowie Blutungen und Schürfungen. Er konnte sich ins Auto retten und fuhr dann hinunter zur Aare.

Dort wendete er und fuhr wieder hinauf in Richtung Helvetiaplatz. Dabei erfasste der 46-Jährige mit seinem Mercedes mehrere Kurden. Die Bilder dieses Vorfalls machten danach als «Amokfahrt» die Runde in den Sozialen Medien. Zwei Kurden wurden erheblich verletzt. Einer erlitt beispielsweise einen Schädelbruch.

Wollte in Panik wieder zur Polizei fahren

Nicht mehr gerechtfertigt scheint der Staatsanwältin dann hingegen die Rückfahrt: Der Mann hätte unten an der Aare nicht wenden müssen. Seinen Kollegen hätte er angesichts der kurdischen Übermacht ohnehin nicht helfen können. Es hätte Alternativen gegeben. Wer ungebremst mit 30 bis 50 Kilometern pro Stunde in eine Menschenmenge fahre, nehme schlimme Verletzungen oder gar den Tod von Menschen in Kauf.

Der Verteidiger hingegen sagte, alles sei ein einziges Geschehen gewesen. Der Mann habe - unten an der Aare angekommen – in seiner Panik einfach zurück zum Polizisten fahren wollen, welcher ihn auf die Schwellenmatte verwiesen habe. Der Türke habe Sicherheit für sich und seine im Auto sitzende Familie gesucht.

Die Verhandlung gegen den 46-jährigen, im Grossraum Zürich wohnhaften Angeklagten findet in dessen Abwesenheit statt. Wie der mit dem Fall betraute Gerichtspräsident bekanntgab, hat der Türke ein Arztzeugnis vorgelegt. Laut diesem Attest ist der Mann nicht verhandlungsfähig.

Rund um die beiden Kundgebungen kam zu rund 100 Strafverfahren, wie einer der mit dem Fall betrauten Staatsanwälte im März an einem Prozess gegen einen der kurdischen Angreifer sagte. Es wurden auch teilbedingte Freiheitsstrafen ausgesprochen. (SDA)

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