Fernab der Schlachtfelder der Ukraine tobt der Informationskrieg. Putins Propaganda reicht dabei sogar bis ins Berner Oberland. Ein kremltreuer Blogger veröffentlichte letzte Woche angebliche Auszüge des Grundbuchamts Oberland, Dienststelle Frutigen.
Es geht dabei um drei Liegenschaften in der Gemeinde Saanen, die zwischen neun und zehn Millionen Franken wert sein sollen. Gemäss den Auszügen gehören die Anwesen dem Politiker Dmitro Rasumkow (38), der ehemaligen Sozialministerin Ljudmila Denissowa (61) sowie dem ehemaligen ukrainischen Finanzminister Alexander Daniljuk – alles enge Vertraute des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44). Doch wie Recherchen der «Berner Zeitung» zeigen, sind diese Dokumente nicht echt. Sie wurden zusammengebastelt.
Luxus-Chalets gibt es nicht
Der Blogger nennt sich Juri Gagarin – so hiess der sowjetische Kosmonaut (1934-1968), der sich als erster Mensch im Weltraum befand. Inzwischen wurde der Tweet gelöscht. Aus gutem Grund: Denn laut der Zeitung stimmen unter anderem die Grundstücksnummern aus dem kantonalen Grundbuch nicht mit den Adressen überein. Nicht korrekt sind etwa auch die Grössenangaben der Grundstücke.
Adrian Mühlematter ist geschäftsleitender Grundbuchverwalter des Grundbuchamts Oberland und Notar. Als er sich die Auszüge ansah, erkannte er auf den ersten Blick, dass es sich um Fälschungen handelt. Oben auf den Seiten war bei den Dokumenten für die Dienststelle Frutigen etwa eine UID-Nummer angegeben. «Diese Praxis haben wir schon vor rund zwei Jahren eingestellt», sagt er zur «Berner Zeitung».
Dass es sich um einen Schwindel handelt, wird spätestens auch dann klar, wenn man die angegebenen Adressen besucht. An zwei Standorten findet man Appartementhäuser, beim dritten steht das Chalet eines Schweizer Ehepaars.
«Propaganda soll Image der Ukraine schaden»
Ziel solcher Aktionen sei es, die Integrität ukrainischer Politiker zu untergraben und «dem Image des Landes zu schaden», sagt der Ukrainer Mykola Makhortykh der Zeitung. Er forscht am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Bern zum Thema Manipulation im Internet und ist Experte für russische Propaganda.
Laut Makhortykh ist angebliche Korruption in diesem Zusammenhang ein häufig verwendeter Vorwurf. «So wird versucht, die Unterstützung für die Ukraine in Europa zu schwächen.» Möglicherweise wolle man so aber auch von den russischen Oligarchen ablenken, deren Besitz in vielen Ländern derzeit beschlagnahmt wird.
Selenski angeblich Milliardär
Es ist nicht das erste Mal, dass versucht wird, mit Falschinformationen dem Ruf von Wolodimir Selenski zu schaden. Mitte April wurden Gerüchte laut, dass der ukrainische Präsident ein Drogenproblem haben soll. Wie «Der Standart» berichtet, konnte diese Behauptung aber widerlegt werden.
Selenski wurde auch schon vorgeworfen, er sei durch Korruption Milliardär geworden. Nach Einschätzungen des US-Wirtschaftsmagazins «Forbes» verfügt der ukrainische Präsident zwar über ein Vermögen von 20 bis 30 Millionen Franken – dieses dürfte er aber vor allem seiner erfolgreichen TV-Karriere zu verdanken haben. (bra)