Bis zum Schluss spricht Kathrin Altweggs (64) Baby zu ihr. «Alle Systeme haben bis zum letzten Moment perfekt funktioniert», sagt die Physikerin an der Universität Bern. Im Europäischen Raumflugkontrollzentrum in Darmstadt (D) hat Altwegg soeben die kontrollierte Bruchlandung der Raumsonde Rosetta am dem Kometen «Tschuri» live mitverfolgt. «Mein Kind ist zwar weg, aber die Mission ist noch lange nicht fertig», sagt sie am Telefon.
«Besser hätte es nicht kommen können»
Stolz schwingt in ihrer Stimme mit. Seit 20 Jahren arbeitet Altwegg an der Rosetta-Mission. Im Januar geht sie in Pension. Sie entwickelte Rosina, ein Instrument, das die Zusammensetzung der Gase im Schweif des Kometen Tschurjumow-Gerasimenko misst. Für Altwegg war Rosina das Herzstück der Mission. Das Messinstrument arbeitete perfekt. Besser sogar, als sich Altwegg das je vorstellen konnte. «Ich bin extrem dankbar, dass alles so gut lief», sagt sie. «Besser hätte es nicht kommen können.»
Der Gedanke daran, dass sie mit ihrem Handy im hintersten Ecken des Kantons Bern direkt mit einer Sonde kommunizieren konnte, die 500 Millionen Kilometer entfernt um einen Kometen kreiste, das habe sie am meisten fasziniert, sagt Altwegg. «Und all das haben wir in Bern gebaut.» Das sei doch fantastisch.
Ganz verloren sei Rosina nicht. In Altweggs Labor steht eine exakte Kopie. Die braucht das Team als Simulation, um Messdaten nachvollziehen zu können. Denn Rosina hat auf dem Kometen Aminosäuren entdeckt, die Bausteine für die Entstehung irdischen Lebens. «Diese organischen Moleküle sind ausserhalb unseres Sonnensystems entstanden», sagt Altwegg, «darum ist der Gedanke immer wahrscheinlicher, dass es anderswo im Universum Leben gibt.»
Dem Ende von Rosetta trauert Altwegg nicht gross nach. Nun müsse sie nicht mehr die ganze Zeit Angst haben, ob alle Sonden und Instrumente funktionieren. Stattdessen könne sie sich endlich um ihre eigentliche Arbeit kümmern: dem Auswerten von Daten. Zwei Millionen Messungen hat Rosina gemacht. Davon sind erst fünf Prozent ausgewertet. «Wir haben noch Arbeit für 10 bis 20 Jahre», sagt Altwegg.