Eine finster lächelnde Patrone sorgt in Bern für Stunk: Beamte der Kantonspolizei Bern sollen bei einem Grosseinsatz bei der Reitschule am Wochenende ein Wurfgeschoss mit provokanten Verzierungen geschmückt haben – darunter Smileys und andere Botschaften. Das heisst es jedenfalls aus dem Umfeld des Kulturzentrums.
Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. «Ein solches Vorgehen verstösst gegen unsere Richtlinien», sagte Kapo-Sprecherin Jolanda Egger zu BLICK. «Deshalb können wir uns nicht vorstellen, dass die Beamten so gehandelt haben.» Sie fügt hinzu: «Wir würden ein solches Verhalten nicht tolerieren.»
Man werde sich aber mit den Vorwürfen auseinandersetzen. «Wie jeder Einsatz wird auch dieser im Nachgang analysiert», sagt Egger. «Dabei werden auch Kritikpunkte besprochen und geprüft.»
Die Reitschule hatte schockiert auf die erste Aussage der Sprecherin reagiert: «Wir sind befremdet von der Tatsache, dass die Kantonspolizei ein Fehlverhalten ihrer Polizisten/-innen kategorisch ausschliesst», hiess es nach Eggers erster Aussage in einer Mitteilung.
Neue Munition gegen Steinwerfer
Die knallig-gelbe Munition ist eine relativ neue Anschaffung der Kapo Bern. «Das Geschoss ist bei uns seit rund einem Jahr im Einsatz», so Egger. Die sogenannten Safe Impact Rounds (SIR) seien als Ergänzung der kleineren Gummischrot-Patronen gekauft worden.
Die 40 x 46 mm grosse Patrone verlässt die Mündung mit 300 km/h. Sie dient laut Egger dazu, gezielt einzelne Angreifer zu stoppen, die eine Bedrohung darstellen. Also zum Beispiel Steinwerfer oder Personen mit Laser-Pointern. Im Gegensatz dazu wird Gummischrot eingesetzt, um Personengruppen zu stoppen oder auf Distanz zu halten.
Der Hersteller der neuartigen Munition wirbt mit einem Gutachten der Universität Bern, wonach die SIR auch auf Nahdistanz komplett sicher sei: Es gebe keine Rippenbrüche, keine Verletzung innerer Organe und keine Hautpenetration. Zum letzten Punkt sagt die Mediengruppe der Reitschule auf Anfrage: «Da sprechen die Berichte, die wir bekommen haben, leider eine andere Sprache.»
«Wir visieren keine Köpfe an»
Beim Einsatz in der Nacht auf Sonntag mit acht Verhaftungen wurden drei Polizisten verletzt – aber auch mehrere Personen, die sich bei der Reitschule aufgehalten haben. Jemand musste mit Verletzungen im Genitalbereich ins Spital. Der Polizei wird auch vorgeworfen, Schüsse auf Augenhöhe abgegeben zu haben.
«Wir visieren keine Köpfe an», betont Kapo-Sprecherin Jolanda Egger. Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten ihre Gewehre auf Schulterhöhe halten – was jedoch nichts darüber aussagt, wohin sie zielen. Die Reitschule hat ein Foto einer Person mit einer offenen Wunde im Gesicht veröffentlicht.
Das Smiley-Geschoss untermauert laut Reitschule, dass es sich bei dem Polizeieinsatz um eine «geplante Eskalation» gehandelt habe – dafür spreche auch, dass deutlich vor Mitternacht unweit des Zentrums mehrere schwarze Kastenwagen parkiert waren, die sonst bei Grossveranstaltungen wie Demos eingesetzt würden.