Kinder lieben Klassenlager! Riesig ist in vielen Fällen aber nicht nur der Spass: Die Kosten, die Eltern dafür bezahlen müssen, können auch Löcher ins Familienbudget reissen, wie ein Fall in Steffisburg BE zeigt. Für die Klassenlager des laufenden Schuljahrs wurden satte 490 Franken verlangt.
Das reicht, finden die beiden Mütter Samanta Trauffer (39) und Michaela Schmidt (41). Sie haben den horrenden Kosten den Kampf angesagt. «Wir wollen, dass sich die Schulbehörden an die Regeln halten», sagt Schmidt. Mit den Regeln meint sie ein Urteil des Bundesgerichts vom Dezember 2017, das für obligatorische Schullager einen Höchstbetrag von je nach Alter 10 bis 16 Franken pro Tag festgelegt hat.
In Steffisburg sei diese Limite im selben Schuljahr gleich zwei Mal deutlich überschritten worden. Im September wurden 200 Franken für eine Sportwoche in Tenero TI verrechnet. Trauffer habe sich damals schon geärgert, die Behörden hätten jedoch salopp gemeint: Wer nicht zahlen wolle, könne das Kind ja dispensieren lassen. «Ich fühlte mich als Mutter in gewisser Weise erpresst. Entweder bezahle ich den Betrag – oder meine 14-jährige Tochter wird zur Aussenseiterin», beschwert sich Trauffer.
Überstunden, um Schullager zu bezahlen
Diese bittere Pille wollte sie beim Ski-Lager jedoch nicht mehr schlucken. Satte 58 Franken pro Tag verlangt die Schule für eine Woche in Flumserberg SG. «Das sind total 290 Franken, dazu kommen Kosten für das Snowboard oder die Ski-Ausrüstung», rechnet Trauffer vor. Das geht ihr und Michaela Schmidt zu weit. Sie legten gegen die Kosten eine Beschwerde ein.
Den beiden Müttern geht es in erster Linie nicht um das eigene Portemonnaie. «Ich habe schon einmal Überstunden gearbeitet, um meiner 13-jährigen Tochter ein schönes Lager bezahlen zu können. Ich werde das auch wieder tun», sagt Schmidt. «Wir wollen viel eher etwas für all die Familien tun, die das Geld nicht haben oder nicht wissen, wie man sich dagegen wehrt», erklärt ihre Kollegin Trauffer.
Klassenlager dank «Sponsoring»
Bei der Schulbehörde versteht man den Ärger nicht ganz. Man halte die Lagerkosten für angemessen, schliesslich bräuchte es für das «attraktive Angebot» auch «umfangreiche Vorbereitungen». Zudem gebe es für finanziell schwächere Familien auch einen Hilfsfonds, andere Kosten würden durch Sponsoring, Sammelaktionen oder Kollekten gedeckt.
Heisst: Arme Eltern müssen für die Schulbildung ihrer Kinder zum Bittsteller werden. Diese Praxis wird nicht nur vom Bundesgericht untersagt. Auch die Berner Erziehungsdirektion verbietet zu teure Klassenlager, setzte einen Betrag von 25 Franken pro Tag fest. Das gibt den beiden Frauen Mut. Sie hoffen nun, dass die Schulaufsicht aktiv wird.