Es war ein Spaziergang wie immer. Doch ein kleiner Moment veränderte alles. Jetzt ist Bettina N.* (†61) tot. Sie wurde von einem Zug der Matterhorn-Gotthard-Bahn erfasst – weil sie ihn nicht hörte.
Immer ein paar Meter voraus
Der Unfall passiert am Wochenende beim Bahnübergang in Fiesch VS. Bettina N. ist mit ihrem Vater Emil N.* (88) unterwegs – so wie jeden Tag. «Sie sind immer die gleiche Strecke entlangspaziert. Meine Schwester ist gerne ein paar Meter vorneweg gelaufen, aber beim Bahnübergang hat sie immer auf meinen Vater gewartet», sagt ihr Bruder Martin N.* (58) zu BLICK. So auch dieses Mal.
Dann leuchten Warnblinklichter auf, zwei Schranken gehen nach unten. Gleich rast hier ein Zug der Matterhorn-Gotthard-Bahn durch. Doch Bettina N. scheint das nicht zu verstehen. «Sie stand offenbar viel zu nah an den Gleisen», sagt ihr Bruder.
Der Lokführer erkennt die gefährliche Situation. Ein lautes Warnsignal ertönt – doch die Walliserin reagiert nicht. Eine Notbremsung wird eingeleitet. Es ist zu spät. Der Zug erfasst Bettina N., sie stirbt noch auf der Unfallstelle.
Hirnhautentzündung machte sie taub
«Sie hat das Warnsignal nicht hören können», erklärt ihr Bruder. Als die Walliserin zwei Jahre alt war, hatte sie eine Hirnhautentzündung, wurde zu spät behandelt. Mit dramatischen Folgen: «Bettina bekam danach Probleme mit dem Gehör, wurde auf einem Ohr fast ganz taub.» Ausserdem musste sie später heilpädagogische Schulen besuchen. Durch die Hirnhautentzündung blieb die Walliserin geistig zurückgeblieben.
Zusammen mit dem Vater lebte sie in einem Altersheim, ganz in der Nähe des Bahnübergangs. Jeden Tag kamen sie dort vorbei. Wieso Bettina Z. dieses Mal zu nahe an die Gleise ging, kann sich der Bruder nicht erklären. Auch der Vater sucht nach Antworten: «Er ist nach dem Unfall total durcheinander und macht sich Vorwürfe.» Denn auch er ist gesundheitlich angeschlagen, hat nur noch ein Sehvermögen von zehn Prozent.
Erst im August starb ein Familienvater
Für die Matterhorn-Gotthard-Bahn ist es bereits der zweite tödliche Unfall innerhalb kurzer Zeit. Erst Ende August kam Förster Matthias P.* (†37) ebenfalls bei einem Bahnübergang ums Leben. Er wollte über einen unbewachten Bahnübergang in Selkingen VS fahren, als ein Regionalzug der Matterhorn-Gotthard-Bahn in seinen Subaru krachte und den zweifachen Familienvater mitten aus dem Leben riss. Nun kam, nicht mal zehn Kilometer entfernt, erneut ein Mensch an einem Bahnübergang ums Leben.
«Beides sind tragische Unfälle, die wir zutiefst bedauern und bei denen unser aufrichtiges Mitgefühl den Angehörigen gilt», sagt Matterhorn-Gotthard-Bahn-Sprecher Jan Bärwalde. Ob die beiden Unfall-Übergänge nun sicherheitstechnisch nachgerüstet werden, ist unklar. Das hänge von den Bedürfnissen der jeweiligen Gemeinden ab.