Erst wunderten sich die Nachbarn, dann riefen sie die Polizei: Der Bauer Markus T.* hatte vor mehr als zehn Jahren einen Teil seiner Felder an Hanfproduzenten verpachtet – angeblich, um aus den 12'000 Pflanzen harmlosen Hanf-Eistee herzustellen. Tatsächlich handelte es sich, wie die Polizei später herausfand, um hoch potentes Drogen-Cannabis.
Die Konzentration des Wirkstoffs THC lag bei schwarzmarktüblichen 15 bis 18 Prozent. Das Abernten einer solchen Plantage, so rechnete der Verein der Schweizer Hanffreunde damals aus, bringe rund 50 Millionen Franken ein.
Kein Wunder, versuchten Diebe 2007 mehrmals, reife Pflanzen zu stehlen. Die Pächter der Felder in Frieswil BE engagierten darum einen zehnköpfigen Sicherheitsdienst. Wie jetzt bekannt wird, stellte die kalabresische Mafia auch zwei Bewaffnete ab: Adriano* und Roberto T.*, Mitglieder des ’Ndrangheta-Ablegers aus Giussano in der norditalienischen Provinz Monza und Brianza. Für ihre Dienste erhielten die beiden Mafiosi 5000 Franken.
Der Drogenanbau in der ländlichen Region sorgte damals für erheblichen Wirbel. Als bereits Zeitungen wie der Zürcher «Tages-Anzeiger» über die Hanffelder im Berner Seeland berichteten, sah sich die Justiz genötigt, ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Dennoch konnte die Hanf-Mafia seelenruhig ihre Ernte einfahren und die Stauden mit mehreren Lastwagen zur Weiterverarbeitung abtransportieren – zumindest 2006 tat sie dies unbehelligt.
Erst im November 2007 schlug die Polizei zu, verhaftete sechs Personen und hob eine Indoor-Hanfanlage, aus. Zudem beschlagnahmte sie Hanfblüten und Bargeld. Zwei Jahre später, im Herbst 2009, wurde Bauer T., der auch bei der Aufzucht der Pflanzen geholfen hatte, vom Amtsgericht Aarberg zu zwei Jahren Gefängnis bedingt verurteilt.
Treffen mit Mafia-Bossen
Hinweise aus Italien führten die Ermittler des Bundes nun zu Cosimo L.*(60). Laut Anklageschrift der Bundesanwaltschaft war er es, der zwei ’Ndrangheta-Wachleute zur Bewachung der Hanffelder engagierte. L., der bis heute in einer Berner Gemeinde gemeldet ist, wird zudem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Mehrere Treffen gab es zwischen ihm und hochrangigen Mitgliedern von ’Ndrangheta-Ablegern, sogenannten Locali, in Norditalien und Kalabrien.
Laut Anklage erhielt er von ihnen Geld zur Waffenbeschaffung in der Schweiz. Darüber hinaus leistete er für sie Kurierdienste – darunter auch für Drogen. Den Waffenkauf lieferte er jeweils über Landsleute in der Schweiz ab – und umging so seine Registrierung in einem Schweizer Waffenregister. Pistolen der Marken Desert Eagle, SIG oder Beretta kaufte er mit dem Bargeld der Mafiabosse und brachte die Waffen nach Italien. Ausserdem soll er auch beim Kauf von 20 bis 30 Kilo Marihuana sowie Kokain vermittelt haben.
Als die Polizei seine Wohnung und seinen Arbeitsplatz durchsucht, findet sie zwei Pistolen der Marken Beretta und Erma – beide schussbereit, aber nicht registriert. Ausserdem eine grosse Menge Munition. Auch bei einem seiner Söhne wurde die Polizei fündig und stellte nicht registrierte halb automatische Pistolen sicher.
Sein Anwalt wollte sich zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten nicht äussern. Ende August muss sich L. nun vor dem Bundesstrafgericht verantworten. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft.