Auf den Stadtberner SVP-Parteipräsidenten wirkte die Szenerie schon von weitem verdächtig: Sein schwarzer S-Klasse-Mercedes glänzte seltsam milchig in der Nacht. «Da ist was faul», sagte sich Thomas Fuchs, rechter Hardliner in einer der linksten Städte des Landes. Als er aus dem China-Restaurant trat, in dem er gerade gespeist hatte, erschrak er.
Es war nicht Milch, mit der das Luxusfahrzeug bekleckert worden war, sondern Kleister, wie er sonst zum Plakatieren verwendet wird. Die Masse begann bereits einzutrocknen. Um das Mass voll zu machen, tropften auch noch Eier von der Karossiere herunter.
Die Attacke ereignete sich am Abend vor Silvester im Berner Lorrainequartier. «Ich vermute, die Täter sahen mich reingehen», sagt Fuchs. Das ehemalige Arbeiterviertel gilt als Schauplatz eines neuen Klassenkampfs.
Anzeige läuft noch gegen unbekannt
Die Wut über Wohnungsnot und steigende Mieten entlädt sich immer wieder in Anschlägen auf Bauprojekte. Scheiben von Neubauten werden eingeschlagen oder Fassaden verschmiert – phasenweise im Monatsrhythmus.
«Mir ist in der Lorraine unwohl», sagt Fuchs. Der Politiker, der selbst im Immobiliengeschäft tätig ist, spricht von einer «unguten Mischung von Reitschülern und Kapitalismusgegnern», die sich im Quartier manifestiere.
Am Freitag erstattete er auf einem Polizeiposten Anzeige wegen Sachbeschädigung. Die Berner Kantonspolizei bestätigt dies auf Anfrage. Bisher habe sich niemand zur Aktion bekannt, die Anzeige läuft bisher noch gegen unbekannt.
Antennen abgeknickt, Mercedes-Sterne abgerissen
Der Schaden, so Fuchs, sei schwer abzuschätzen. Die Eier seien unter die Motorhaube gesickert. Zweimal war er mit dem Wagen schon in der Waschanlage, nun brachte er ihn in die Garage. «Man muss das Zeug von Hand herausklauben».
Der Politiker hat Erfahrung mit Angriffen gegen Autos, die ihm gehören. Wie er erzählt, wurden bereits Antennen abgeknickt und Mercedes-Sterne abgerissen: «Die Schwelle des gesunden Menschenverstandes ist in Bern längst überschritten.»
Neulich habe ihm an der Ampel ein Velofahrer auf die Scheibe gespuckt: «Die Gewaltbereitschaft steigt», sagt Fuchs, der eine Häufung solcher Vorfälle beobachtet haben will.
Jüngste Opfer dieser Entwicklung waren seine Parteifreunde Christoph Mörgeli und Roger Köppel, die in Zürich mit Milchshakes überschüttet wurden. Aber auch Vertreter anderer Parteien wurden schon tätlich angegangen. Alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (SP) traf eine Torte ins Gesicht, der Zürcher SP-Regierungsrat Mario Fehr wurde mit Bier überschüttet.