Es ist vorbei – 80 Pferde und Ponys vom Hefenhofer Quälhof haben heute ein neues Zuhause gefunden. Ein Tier braucht allerdings nicht umzuziehen: Pony Köbu darf bei der Armee bleiben. Die Rekruten hatten es gekauft. Es soll das neue Zugmaskottchen werden. Alle Interessenten waren zugunsten der Armeeangehörigen zurückgetreten.
Die Pferde wurden beim Kompetenzzentrum der Armee in Schönbühl BE verkauft. Das Interesse der Versteigerung war nicht zuletzt wegen der sehr günstig geschätzten Tiere riesig.
Alle Pferde erhielten den Maximalpreis, der jeweils bei 500 Franken über dem Schätzungspreis gelegen hatte. Der Gesamterlös der Versteigerung beläuft sich laut dem stellvertretenden Kanonstierarzt Ueli Weideli auf satte 140'200 Franken. Tierquäler Ulrich K.* wird davon nichts erhalten.
Bieter warteten stundenlang in der Sonne
Die vielen Interessenten standen während Stunden unter der sengenden Sonne auf dem Gelände und versuchten, eines der begehrten Tiere zu ersteigern. Der Verkauf war bereits am Morgen um 9 Uhr angelaufen.
Für die potenziellen Käufer war die Ausgangslage ungewöhnlich. So fehlte bei den Pferden die Krankengeschichte, es gab keine Papiere und man musste auf Sicht bieten. Ebenfalls gab es keine Angaben zum Alter der Tiere.
Nichtsdestotrotz war das Interesse an den Pferden riesig. Alleine in der ersten Stunde der Auktion wurden sechs Vierbeiner zum Maximalpreis verkauft.
«Ich sah ‹El Canto› und dachte mir: ‹Wow!›»
Die Käufer konnten maximal 500 Franken mehr als den angegebenen Schätzpreis bieten. Gingen bei der Versteigerung mehrere mit bis zum Maximum, wurde das Tier am Ende unter den Bietern verlost. Und die Verlosung wurde praktisch immer nötig – pro Tier gab es bis zu 50 Bieter, die den Maximalpreis zahlen wollten. Wahrscheinlich, weil die Tiere so günstig angeboten werden.
So wurde der Hengst Charly um 16 Uhr für den Maximalpreis von 2900 verkauft – ein Zehntel des Marktwertes, wie ein Pferdezüchter zu BLICK sagt.
Eine der Käuferinnen eines Pferdes vom Thurgauer Quälhof ist Linda Signer (41). Sie hat sich mit dem Kauf einer Freiberger Stute ein Geburtstagsgeschenk gemacht. «Ich möchte ihr ein möglichst schönes neues Zuhause bieten», sagt sie zu BLICK. 1100 Franken hat sie für die Stute bezahlt, jetzt will sie noch ein zweites Pferd ersteigern und dann beide auf ihren Bauernhof in Matzendof SO bringen.
Rote Köpfe wegen Tierschützern
Für Ärger sorgten indes Tierschützer, wie die Nachrichtenagentur SDA meldete. «Als Privater hat man hier keine Chance», sagt ein Pferdehalter aus dem Emmental am Rande des Versteigerungsplatzes in Schönbühl. Auch zwei Männer aus der Ostschweiz, die gegen Mittag verschwitzt und ohne Pferd das Gelände verliessen, waren enttäuscht: «Das ist nicht fair.»
Der Grund: Bereits beim ersten Dutzend der vorgeführten Pferde zeigte sich, dass immer wieder dieselben Gesichter beim Bieten auftauchten – und nach vorne traten, wenn es darum ging, bei mehreren Interessenten das Los entscheiden zu lassen.
«Wir holen unsere Pferde zurück»
Ein Vertreter der Organisation «Pferde in Not» bestätigte das Vorgehen. «Wir holen unsere Pferde zurück», sagte er. Seine Organisation habe den Thurgauer Behörden im Vorfeld 300 Plätze angeboten, doch das Angebot sei abgelehnt worden.
Folglich schlossen sich Vertreter von «Pferde in Not» zusammen – mit Unterstützung von Stinah (Stiftung für Tiere in Not Animal Help) –, um gemeinsam zu bieten und damit die Kaufchancen zu erhöhen. Die Devise: Pferde sollen an einen sicheren Platz kommen und nicht über kurze Umwege beim Metzger landen.
Interessierte Private hätten sich im Vorfeld ein Pferd oder mehrere ausgesucht, die sie kaufen wollten, sagte der Tierschützer. Er wollte nach Anfeindungen im Netz und vor Ort in Schönbühl seinen Namen nicht nennen. Für diese Privaten habe man die Pferde ersteigert. Die Käuferinnen – praktisch alles Frauen – waren auf dem Gelände der Armee durch vorwiegend pinke Kleidung und Armbändel gut erkennbar.
Organisator ruft zu Fairplay auf
Moderator Henri Spychiger – Ehrenpräsident des Schweizerischen Freibergerverbands – bestätigte: Auch er habe dieses Vorgehen beobachtet, man könne es aber nicht verhindern. Gleichwohl rief Spychiger die Hunderten von Anwesenden mehrmals auf Deutsch und Französisch zu Fairplay auf – pro Organisation solle nur eine Person mitbieten. (mcb/fr/gr/SDA)
* Name der Redaktion bekannt