Walter Reusser (67) ist ehemaliger Bewohner des «Drogenhauses» in Wimmis BE. Jetzt sitzt er schwer atmend auf der Terrasse seiner neuen Wohnung in Erlenbach BE. Der Rentner spricht leise, der Speiseröhrenkrebs schlägt ihm auf die Stimmbänder. Er erzählt: «Als Margrith Lörtscher (56) die Verwaltung Anfang Jahr übernommen hat, hat sie fast allen Mietern gekündigt. Auch mich hat sie rausgeschmissen.»
Im BLICK sprach die Verwalterin über die prekären Zustände im Mehrfamilienhaus. «Fast die Hälfte der Bewohner bezahlte den Zins nicht», so Lörtscher empört. Sie hätte reagieren müssen. Zudem sei es sehr dreckig gewesen: «Der Gestank in den Wohnungen war bestialisch und überall lag Müll.»
«Drei Monatsmieten hatte ich offen»
«Bei mir sicher nicht», verteidigt sich Walter Reusser. Er zögert und gibt dann doch zu: «Als ich ins Spital musste, hatte ich natürlich nicht immer sauber. Aber dann haben Bekannte bei mir geputzt.» Ob er die Miete bezahlt hätte? Der Rentner überlegt kurz: «Drei Monate hatte ich offen. Aber es ist alles nachbezahlt. Ich bin der gar nichts mehr schuldig!»
Bezahlt hätte er aber erst, als er die Wohnung schon verlassen hatte – und das nicht ganz freiwillig. «Lörtscher hat mich betrieben und ging sogar auf meine Bank», so Reusser wütend. Verwalterin Margrith Lörtscher verteidigt sich: «Herr Reusser hatte 5'000 Franken Mietschulden, dank des Mietzinsdepots auf der Bank konnten wir über die Hälfte davon tilgen.» Aber: Der Rentner schulde ihr immer noch 2'000 Franken!
Am meisten ärgert sich Walter Reusser jedoch über den Zeitpunkt des Rausschmisses. Er leide sehr unter seiner Krebserkrankung. Die wenigen 100 Meter bis zum nächsten Supermarkt zu gehen, seien für den 67-Jährigen eine wahre Tortur. «Als ich Ende April die Wohnung verlassen musste, ging es mir noch schlechter. Ich kam gerade vom Krankenhaus zurück», erklärt er.
Verwalterin musste Wohnung schrubben
Trotz der schwierigen Umstände hätte Reusser die Wohnung in Wimmis sauber hinterlassen. «Wie es bei den anderen Mietern war, weiss ich nicht. Aber bei mir kann die Verwalterin nichts sagen, meine Nachbarin hat für mich geputzt», meint Reusser. Lörtscher sieht das anders: «Mein Sohn und ich haben die Wohnung acht Stunden lang geputzt!» Besonders die Küche des Rentners sei verfettet und schmutzig gewesen. Die Wände voller Fliegendreck.
Als BLICK den Mietnomaden damit konfrontiert, dass auch der Fernseher noch lange nach dem Abgabetermin in der Wohnung stand, entgegnet dieser: «Für den Fernseher musste ich halt zuerst einen Chauffeur finden, weil ich kein Auto habe. Es ist nun alles erledigt. Es hat nur ein bisschen länger gedauert.» Der Krebskranke hat sich während des Gespräches so aufgeregt, dass er nun sichtlich erschöpft im Stuhl sitzt. Über sein ehemaliges Zuhause in Wimmis will er nicht mehr reden: «Ich bin froh, dass ich jetzt hier in Erlenbach bin.»