Es handle sich um ein «unverbindliches, weil verrücktes Gedankenspiel», sagt der Berner Jagdinspektor Peter Jusey und beginnt in der «Berner Zeitung» zu rechnen: «Wenn wir die Quersumme der Wolfsbestände aus Deutschland, Spanien und den USA nehmen, dann würde der Kanton Bern ungefähr 30 Wölfe ertragen – oder anders ausgedrückt 10 bis 15 Wolfsrudel.» Ihm sei klar, dass die Aussage «gefährlich» sei, sagt der Jagdinspektor weiter. Wenn man aber die die rund 700 Wölfe in Polen, die 2400 in Spanien und Portugal oder gar die 5000 im Balkan zum Vergleich nehme würde, gäbe es im Kanton Bern «wahrlich kein Anlass zur Hysterie.»
«Nur beschränkt übertragbar»
Mit einer Delegation der Berner Volkswirtschaftsdirektion besuchte Juesy das Calanda-Gebiet, wo seit kurzer Zeit das Bündner Wolfsrudel lebt. Er sei mit noch mehr offenen Fragen aber auch beeindruckt nach Hause gekehrt, sagt er. Beeindruckt nicht zuletzt von den Dimensionen: «Im Kanton Bern haben wir 1200 Hirsche. Davon werden jährlich 370 geschossen. Die Bündner zählen 16'000 Hirsche und erlegen pro Jahr 5000.» Das Verhalten des Wildes habe sich unter dem Einfluss des Wolfrudels komplett verändert: «Länger dauernde Massierungen von Wild werden umgehend vom Rudel bejagt.»
In Graubünden angewandte Massnahmen liessen sich nur beschränkt ins Berner Oberland übertragen: «Im Simmental trifft man fast nirgends einen unberührten Fleck an, während die Nordseite des Calandas steil und felsig ist und kaum von Menschen genutzt wird.»
«Nicht die Faust im Sack machen»
Das wichtigste ist laut Juesy ein funktionierendes Herdenschutzmanagement. Jeder Landwirt müsse sich die Frage stellen, wie er seine Herden schützen könne. Juesy: «Auf den 183 Berner Alpschaften weiden im Sommer 23'000 Schafe. Anhand eines Präventionsparamenters kann der Bedarf an Herdenschutzhunden und Schutzzäunen bestimmt werden.» Wichtig sei, «sich nach Aussen öffnen und sich von Fachleuten beraten zu lassen, statt die Faust im Sack zu machen.»
Juesy weist zudem darauf hin, dass der Abschuss von Jungwölfen möglich wird, wenn sich diese regelmässig in unmittelbarer Nähe von Siedlungen aufhalten, aggressiv werden oder zu wenig Scheu zeigen. (ant)