Warum schaffen es die Passanten nicht, ihren Abfall in Kübel zu werfen? Es hat doch so viele davon. Das fragt sich Joe Thalmann (60), wenn er frühmorgens den Mist der Menschen zusammenkehrt. So wie gestern. Einst regte er sich darüber auf. Dass die Leute keinen Anstand mehr hätten.
«Mittlerweile ist mir das egal.» Nur selten ruft er aus. Meistens macht er einfach seinen Job.
Sein Besen kratzt über den Asphalt des Bahnhofplatzes in Luzern. Ein Littering-Hotspot. Es ist kurz vor fünf Uhr. Die letzten torkelnden Nachtschwärmer kreuzen die ersten Frühaufsteher. Daneben fegt Thalmann Bierdosen zu einem Haufen zusammen, Zigistummeln, Burger- und Pizzaschachteln, Plastikbecher.
Sein Teamleiter Albert Kreienbühl (56) sammelt von Hand ein paar Flaschen ein. Der Abfallhaufen stört, so mitten auf dem Platz. Und passt nicht ins Bild der sauberen Schweizer Stadt.
Dass dieses Bild Risse bekommen hat, dafür sorgen jene Menschen, denen – im Schutz der Nacht, in Gruppen und in Feierlaune – die Stadt und Gesellschaft egal sind. Man erwischt sie selten, sieht nur ihre Hinterlassenschaft.
Im Sommer sind die Strassenreiniger in der Schweiz im Dauereinsatz. Die Menschen zieht es nach draussen, ans Wasser. Seit mehr als einem Jahrzehnt leben die Schweizer einen mediterranen Lebensstil. Sie benutzen den öffentlichen Grund zum Essen, Trinken, Feiern. Was bleibt? Der Abfall. Das Bundesamt für Umwelt schätzt, dass im Schnitt 30 Prozent davon nicht in den Kübeln landet. Sondern daneben.
Putztag beginnt um vier Uhr morgens
In den Grossstädten beginnt der Putztag bereits um vier Uhr morgens. Und endet erst gegen 22 Uhr. «Wir reinigen so früh, damit die Bevölkerung auf dem Arbeitsweg eine saubere Stadt vorfindet», sagt die Sprecherin von Entsorgung und Recycling der Stadt Zürich, Leta Filli.
«Und damit die Hemmschwelle für allfällige Litterer steigt.» Wo bereits Abfall liegt, wird er eher achtlos weggeworfen. Mittlerweile führt fast jede Stadt eine Anti-Littering-Kampagne.
Man hat die Zahl der Kübel vervielfacht, leert sie bis zu dreimal am Tag. Basel stellt im Sommer sogar 100 zusätzliche Container auf. Immer mehr Kantone büssen Abfallsünder. Ein nationales Litteringverbot ist in der Vernehmlassung. Und trotzdem landet der Müll auf dem Boden, in Büschen, in Seen, Flüssen.
Luzern ist wie andere Städte mit Seezugang besonders betroffen, vor allem am Wochenende. Strassenreiniger Thalmann sagt, das vergangene Hitzewochenende sei aussergewöhnlich gewesen. So viel Abfall. Die Leute hätten sogar Sonnenschirme im Freibad stehen lassen. Und wie immer Einweggrills, Essensreste, Verpackungen. Die 40 Kübel mit je 240 Liter Fassungsvermögen in der Badi waren randvoll.
In Bern schlitzten die Leute nach der Aarefahrt ihre Einweggummiboote auf und warfen sie auf einen Haufen. In Basel glich das Birsköpfli einer Müllhalde. Auf Facebook postete ein junge Frau empört Bilder davon.
In Zürich schwammen bei der Badi Utoquai PET-Flaschen neben Damenbinden im See. An besonders sonnigen Wochenenden sammelt Zürich allein am Seeufer rund zwölf Tonnen Abfall ein.
Littering nervt. Und kostet Millionen Franken. Laut Bundesamt für Umwelt mussten Schweizer Gemeinden im Jahr 2010 etwa 144 Millionen Franken aufwenden, um herumliegenden Abfall zu beseitigen. Es dürften heute mindestens 150 Millionen sein. Am meisten kosten Zigi-stummel: 53 Millionen Franken jährlich. Weil es besonders mühsam ist, sie einzusammeln.
Der Güsel wurde irgendwann nach der Jahrtausendwende zum grossen Problem. Das zeigen Zahlen aus der Stadt Luzern. Zwischen 1989 und 2002 hat sich dort die Abfallmenge auf öffentlichem Grund mehr als verdreifacht. Dann kam die Müllschwemme: 33 Millionen Liter betrug die Menge im Jahr 2013 – elfmal mehr als 1989.
Trotz heute 1500 Abfallkübeln, die grösser sind als früher und dreimal täglich geleert werden, kämpft Luzern seit Jahren gegen Littering. Mit Kampagnen, mit Bussen.
Ein Gesellschaftsproblem
«Dadurch konnten wir die gelitterte Menge stabil halten», sagt der Leiter Unterhalt und Betrieb der Stadt Luzern, Rolf Stocker (61). «Ohne die Massnahmen hätten wir ein Müllchaos.» Littering sei ein Gesellschaftsproblem, gegen das es kein Patentrezept gebe. «Es kann nur dauerhaft bekämpft werden, wenn die Bevölkerung umdenkt», sagt Stocker, «und Eigenverantwortung übernimmt.»
Die Luzerner Strassenreiniger putzen nach dem Bahnhof entlang dem Seeufer beim KKL. Dort, wo oft Champagnerflaschen im See landen. Ein Kollege der beiden spritzt das Ufer mit Hochdruckreiniger ab. Auch der Dreck unzähliger Luzerner Schwäne muss verschwinden. «Das machen wir für die Touristen.» Die aufgehende Morgensonne färbt den Pilatus orange. Der See liegt ruhig da. «Eigentlich ein toller Arbeitsplatz», sagt Thalmann, «wenn nicht der ständige Güsel überall wäre.»
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