GoCarb hilft Diabetikern
Die Wunder-App von Bern

Eine Forschungsgruppe hat eine Anwendung entwickelt, die Kohlenhydrate im Essen erkennt – der SonntagsBlick hat sie getestet.
Publiziert: 29.10.2017 um 22:10 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:45 Uhr
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Zuerst definiert die App die verschiedenen Essensbestandteile...
Foto: Peter Gerber
Florian Blumer

Zweimal auf den Auflöser gedrückt – und schon sagt mir mein Handy, wie viele Kohlenhydrate im Essen stecken. Es klingt wie die ferne Utopie eines Typ-1-Diabetikers: Betroffene müssen vor dem Essen die richtige Menge Insulin spritzen, um den Effekt der Kohlenhydrate auszugleichen, die sie zu sich nehmen werden. Die Frage ist nur: Wie viele sind es? Die Schätzungen sind mühsam bis schwierig.

Aus der Utopie dürfte schon in wenigen Jahren Realität werden. Ein Forschungsteam der Uni Bern am Inselspital um Stavroula Mougiakakou hat in achtjähriger Forschungsarbeit eine App entwickelt, GoCarb genannt, die bereits heute reif zur Anwendung ist. Dies beweist ein exklusiv für SonntagsBlick durchgeführter Test: Auf der Packung eines Fertiggerichts mit Fleisch, Broccoli, Kartoffeln und Karotten sind 32 Gramm Kohlenhydrate angegeben. Auf einem ersten Foto kennzeichnet die App die Bestandteile des Gerichts: Fleisch/Fisch, Karotten, Kartoffeln und grünes Gemüse. Anhand eines zweiten Fotos erstellt das Programm ein 3-D-Profil des Menüs und errechnet daraus die Menge an Kohlenhydraten: 37 Gramm. Ein zweiter Test meldet 31 Gramm.

Genauigkeit von plus/minus 20 Prozent

Nicht ganz exakt – aber exakt genug: Christoph Stettler, Direktor der Diabetes-Klinik am Inselspital, hält eine Genauigkeit von plus/minus 20 Prozent für ausreichend. Studien hätten zudem gezeigt, dass über die Hälfte der Patienten bei ihren Schätzungen um mehr als dieses Fünftel danebenliegen. Die grosse Schwierigkeit war laut Mougiakakou, die jeweilige Menge der verschiedenen Essensbestandteile zu erfassen. GoCarb ist die erste App, die das kann.

Doch auch diese Super-App leidet noch an Kinderkrankheiten: So kann sie bis heute nur separate Speisen erkennen, schon mit einer Lasagne ist sie überfordert. Doch Mougiakakou ist überzeugt, dass auch diese Probleme behoben werden können.

Und sie denkt bereits an eine Weiterentwicklung: Auch Fette soll GoCarb eines Tages erkennen können und so nicht nur Diabetikern, sondern auch beim Abnehmen helfen.

Ein Test zur Früherkennung

Diabetes, die Zuckerkrankheit, ist die häufigste Stoffwechselkrankheit überhaupt. Ein Anstieg des Blutzuckergehalts durch Insulinmangel führt zu schweren Folgen. Zehn bis 15 Prozent aller Diabetiker leiden unter dem selteneren Diabetes-Typ 1. Wegen einer Autoimmunstörung fehlt ihnen das Insulinhormon vollständig. Sie brauchen lebenslange Behandlung.

Bis zu 90 Prozent der Betroffenen leiden an Diabetes-Typ 2. Diese Stoffwechselstörung ist verursacht durch genetische und Umweltfaktoren, etwa die Ernährung.

Heimtückisch an den Beschwerden ist, dass sie unmerklich zunehmen. Man geht davon aus, dass jeder dritte Typ-2-Diabetiker von seiner Erkrankung nichts ahnt. Zum Schutz von Herz und Gefässen ist deshalb bei ihnen die Früherkennung umso wichtiger. Folgende Symptome können auf Diabetes hinweisen:

Übermässiger Durst, Sehstörungen, verschwommenes Sehen, häufiges Wasserlassen, Gewichtsverlust ohne ersichtlichen Grund, aussergewöhnliche Müdigkeit und Schwindelgefühle. Übergewicht

ist nur bedingt ein Faktor, bedenklicher ist zu viel Bauchfett.

Erste Hinweise kann ein Kurztest des Blutzuckerwerts in der Apotheke liefern. Gemessen wird in international festgelegten Einheiten mmol/l des Zuckergehalts im Blut. Die Resultate geben nur eine Momentaufnahme wieder. Sie variieren je nach Nahrungsaufnahme. Der Test sollte deshalb bei nüchternem Magen vorgenommen werden. Er dauert zehn Minuten ohne Voranmeldung und kostet beispielsweise in den Top­Pharm-Apotheken 18 Franken.

Liegt der Wert im kapillaren Blut unter 5,6, ist der Befund unbedenklich. Liegt er höher, empfiehlt sich ein Besuch beim Hausarzt. l Fibo Deutsch

Diabetes, die Zuckerkrankheit, ist die häufigste Stoffwechselkrankheit überhaupt.
imago

Diabetes, die Zuckerkrankheit, ist die häufigste Stoffwechselkrankheit überhaupt. Ein Anstieg des Blutzuckergehalts durch Insulinmangel führt zu schweren Folgen. Zehn bis 15 Prozent aller Diabetiker leiden unter dem selteneren Diabetes-Typ 1. Wegen einer Autoimmunstörung fehlt ihnen das Insulinhormon vollständig. Sie brauchen lebenslange Behandlung.

Bis zu 90 Prozent der Betroffenen leiden an Diabetes-Typ 2. Diese Stoffwechselstörung ist verursacht durch genetische und Umweltfaktoren, etwa die Ernährung.

Heimtückisch an den Beschwerden ist, dass sie unmerklich zunehmen. Man geht davon aus, dass jeder dritte Typ-2-Diabetiker von seiner Erkrankung nichts ahnt. Zum Schutz von Herz und Gefässen ist deshalb bei ihnen die Früherkennung umso wichtiger. Folgende Symptome können auf Diabetes hinweisen:

Übermässiger Durst, Sehstörungen, verschwommenes Sehen, häufiges Wasserlassen, Gewichtsverlust ohne ersichtlichen Grund, aussergewöhnliche Müdigkeit und Schwindelgefühle. Übergewicht

ist nur bedingt ein Faktor, bedenklicher ist zu viel Bauchfett.

Erste Hinweise kann ein Kurztest des Blutzuckerwerts in der Apotheke liefern. Gemessen wird in international festgelegten Einheiten mmol/l des Zuckergehalts im Blut. Die Resultate geben nur eine Momentaufnahme wieder. Sie variieren je nach Nahrungsaufnahme. Der Test sollte deshalb bei nüchternem Magen vorgenommen werden. Er dauert zehn Minuten ohne Voranmeldung und kostet beispielsweise in den Top­Pharm-Apotheken 18 Franken.

Liegt der Wert im kapillaren Blut unter 5,6, ist der Befund unbedenklich. Liegt er höher, empfiehlt sich ein Besuch beim Hausarzt. l Fibo Deutsch

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