Noch im September hatte der für die Unterbringung von Asylsuchenden zuständige bernische Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser im bernischen Grossen Rat gesagt, der Kanton und die Gemeinden müssten Hand in Hand arbeiten. Es gelte, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Zuvor hatten sich fünf Gemeinden gegen Verfügungen Käsers gewehrt, je eine Zivilschutzanlage mit 100 Plätzen dem Kanton Bern zur Verfügung zu stellen. Sie reichten vor Verwaltungsgericht eine Beschwerde ein. Käser zog danach die Verfügungen zurück und hoffte auf Entgegenkommen der Gemeinden.
Am Donnerstag gab nun aber die bernische Kantonsregierung bekannt, sie werde mehrere, noch nicht namentlich genannte Gemeinden anweisen, dem Kanton Bern Räumlichkeiten zur Unterbringung von Asylsuchenden zur Verfügung zu stellen. Es geht in erster Linie um Zivilschutzanlagen.
Gebäude-Umnutzungen sollen beschleunigt werden
Dieser Schritt gehört zu einem ganzen Massnahmenpaket, mit dem die Berner Regierung zu neuen Asylunterkünften kommen will. Die kantonale Gesundheits- und Fürsorgedirektion soll auch dafür sorgen, dass anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene schneller von Not- und Kollektivunterkünften in Wohnungen wechseln.
Und die Gebäudeversicherung des Kantons Bern sowie die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion haben den Auftrag bekommen, Massnahmen zur Beschleunigung von Gebäudeumnutzungen zu ergreifen. Auch will die Berner Regierung den Zivilschutz aufbieten. Die Zivilschutzleistenden sollen nicht Flüchtlinge betreuen. Sie sollen - als Fachleute im Umgang mit Zivilschutzanlagen - jene Organisationen unterstützen, welche die Anlagen betreiben.
«Die Situation hat sich eben verschärft»
Käser sagte zu dieser Kehrtwende am Donnerstag auf Anfrage, die Situation habe sich eben verschärft: Der Bund weise dem Kanton Bern neu pro Woche bis zu 180 Asylbewerber zu statt 80 bis 120 wie bisher. Es brauche dringend mindestens 800 neue Betten. Sonst drohten Asylbewerber ohne Dach über dem Kopf dazustehen.
In ihrer Mitteilung vom Donnerstag verwendet die bernische Kantonsregierung - anders als in den Jahren 2008 und 2014 - das Wort «Notlage» nicht. Käser sagte aber, die neuen Verfügungen stützten sich auf Verfassungsbestimmungen, etwa zu Kompetenzen der Kantonsregierung in «ausserordentlichen Lagen».
Die betroffenen Gemeinden können die Verfügungen anfechten. Käser geht allerdings davon aus, dass sie Bestand haben. (SDA)