Der einstige Reisebüro-Betreiber versprach seinen Kunden in Belp BE eine Traumreise — und verwandelte diese kurzerhand in einen teuren Albtraum. Fritz S.* (61) verkaufte laut Anklage munter Ferien, verwendete die Vorauszahlungen jedoch zur Tilgung früherer Schulden. Am Dienstag musste er sich nun vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland wegen gewerbsmässigen Betrugs verantworten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: 26 Parteien soll er um insgesamt 180'000 Franken gebracht haben.
Einer der Geschädigten ist Daniel Kauz (52) aus Oberdiessbach BE. Er und seine Partnerin wollten im Herbst 2017 für 4920 Franken auf die kanarische Insel Lanzarote fliegen. «Aber etwa eine Woche vor der Abreise sind die Unterlagen immer noch nicht da gewesen», erzählte der selbständige Dachdecker im Mai 2021 im Gespräch mit Blick. «Dann ist meine Lebenspartnerin in Belp vorbeigegangen – aber es klebte schon ein amtliches Siegel an der Tür», führte der Berner damals aus. So zahlte das Paar schliesslich für seine Ferien doppelt.
«Es war keine Absicht»
«Es tut mir leid», sagt der Angeklagte am Dienstag unter Tränen. «Es war keine Absicht.» Nachdem alles bachab gegangen sei, habe er sich so geschämt, dass er mehrere Wochen im Wald gelebt habe – bis ihm schliesslich das Geld für Nahrung ganz ausgegangen sei. Auch einen Abschiedsbrief hätte er bereits verfasst gehabt. Seine Schilderungen werden unterbrochen von lautem Schluchzen. Unterdessen lebe er in einer kleinen Wohnung, einsam und zurückgezogen. Er beziehe Sozialhilfe, auch psychisch sei er angeschlagen. Von seinem damaligen Lebenspartner habe er seit dem Konkurs nicht mehr gehört, der habe ihn nur ausgenutzt.
Fritz S. soll sich kaum Lohn ausbezahlt haben
Der Staatsanwalt sieht im Beschuldigten keinen eiskalten Abzocker, wie er in seinem Plädoyer ausführt: «Er hat es einfach nicht auf die Reihe gebracht.» Dies sehe man etwa auch daran, dass sich Fritz S. selbst nur wenig Lohn ausbezahlt habe. «Er hat nicht auf Kosten seiner Kunden im Saus und Braus gelebt.» Lediglich 1500 Franken monatlich habe er privat bezogen. Dennoch müsse er realisiert haben, dass sein Geschäftsmodell so auf Dauer nicht gut gehen könne und dass bereits bezahlte Reisen platzen würden. Eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter Gewährung einer Probezeit von drei Jahren sei daher angemessen.
Der Verteidiger sieht dies anders: «Dass jemand Mühe mit dem Administrativen hat, macht ihn noch lange nicht zu einem gewerbsmässigen Betrüger.» Er fordert einen Freispruch – oder bei einem Schuldspruch maximal eine bedingte Geldstrafe.
«Der soll zwei Jahre hinter Gitter»
Für Daniel Kauz sind beide Anträge eindeutig zu niedrig. «Der soll zwei Jahre hinter Gitter.» Dass laut Gerichtspräsidentin mit allen ausser mit drei Parteien eine aussergerichtliche Einigung vorliegt und S. sämtliche Forderungen anerkennt, davon wisse Kauz nichts: «Ich persönlich habe nichts gehört. Wir haben uns also nicht geeinigt. Ich möchte mein Geld schon gerne zurück!»
Für Fritz S. gilt die Unschuldsvermutung. Das Urteil fällt am 17. Dezember 2021.
* Name geändert