Mit dem Stadtrundgang wollte das Reitschul-Kollektiv aufzeigen, wo in Bern Freiräume verschwunden sind und Repression zugenommen hat, wie die Veranstalter darlegten.
Der Spaziergang führte unter anderem in den Berner Bahnhof. Dieser habe sich vom Treffpunkt für alle sozialen Schichten zu einem sterilen, gut überwachten «Einkaufszentrum mit Bahnanschluss» gewandelt, kritisierten Redner.
Szenebeizen in der Innenstadt wie etwa der «Braune Mutz» seien geschlossen und die Aarberger- und Genfergasse zur Ausgehmeile aufgewertet worden.
Weitere Ziele des Stadtrundgangs waren unter anderem die Münsterplattform, der Erlacherhof oder die Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse.
Nicht zuletzt seien es fehlende Freiräume, die Probleme mit Gewalt und Drogen auf dem Vorplatz der Reitschule befeuerten, betonten die Veranstalter.
Die Reitschul-Sympathisanten forderten deshalb unter anderem Jugendtreffs ohne Konsumzwang, Entkriminalisierung von Drogen oder das Tolerieren privater Initiativen für Freiräume, beispielsweise in unbenutzten Häusern oder auf Brachen.
Vor rund einem Monat gab das Reitschul-Kollektiv überraschend die Schliessung des Kulturzentrums «bis auf weiteres bekannt». Die Betreiber wollten mit der Schliessung ein Zeichen gegen Probleme mit Drogenhandel und Gewalt auf dem Vorplatz setzen. Auslöser für die Schliessung war ein sexueller Übergriff unmittelbar neben der Reitschule.
Der Vorplatz der Reitschule gibt in Bern seit Jahren zu reden. Er ist ein stadtbekannter Drogenumschlagplatz. Demgegenüber lockt das Kulturzentrum bei Veranstaltungen jeweils hunderte oder gar tausende Besucherinnen und Besucher an.
Die Reitschüler werfen der Polizei vor, sie gehe ungerechtfertigterweise vor allem gegen Schwarze vor, welche oft auf dem Vorplatz als Dealer auftreten. Die Polizei wirft der Reitschule unkooperatives Verhalten vor.
Anfang Woche kündigte das Reitschul-Kollektiv die Wiedereröffnung an. Die Schliessung von knapp einem Monat sei eigentlich «viel zu kurz», schrieb das Kollektiv in einem am Dienstag veröffentlichten offenen Brief. Weil kein täglicher Betrieb stattfand, habe man aber Zeit gefunden für Gespräche und Zusammenarbeit.
Nach wie vor gebe es Probleme im Grossraum Schützenmatte, für die die Reitschule unmöglich die Verantwortung übernehmen wolle und könne. «Aber alle gemeinsam können wir sie hoffentlich entschärfen", schreibt das Kollektiv.
Es will fortan auf dem Vorplatz präsenter sein und diesen stärker beleben. Aber auch die Stadt müsse Verantwortung übernehmen, forderte das Kollektiv. Insbesondere brauche es Änderungen in der Drogen-, Jugend- und Nachtlebenpolitik. (sda)