Sie lag tot im Könizbergwald nahe Niederwangen BE, nur wenige Hundert Meter von ihrem Daheim im «Papillon»-Quartier entfernt: Die Leiche von Lisa M.* (†8) wurde am Dienstagabend gegen 19.15 Uhr gefunden, Reanimationsversuche vor Ort waren laut der Kantonspolizei Bern zwecklos – es habe nur noch ihr Tod festgestellt werden können. Doch warum musste die 8-Jährige sterben?
Diese Frage stellen sich nicht nur die Anwohner der zur Gemeinde Köniz gehörenden Ortschaft, sondern auch die Polizei. Sie sucht am Mittwoch unter Hochdruck nach Hinweisen zu dem mysteriösen Todesfall. Das Waldstück, in dem der leblose Körper gefunden wurde, ist weitläufig abgesperrt. Dutzende Einsatzkräfte in orangen Leuchtwesten durchkämmen stundenlang den Wald, aber auch Büsche und Vorgärten im angrenzenden Quartier. Sie tragen Handschuhe und arbeiten sich sorgfältig mit Stöcken durch das Dickicht oder quer über Wiesen vor – immer in Reih und Glied, um ja keine Stelle zu verpassen. Sie durchsuchen Häuser und befragen Zeugen, insbesondere auch mehrere Kinder. Ein Gewaltverbrechen könne nicht ausgeschlossen werden.
Um 16.51 Uhr zum letzten Mal lebend gesehen
Zuletzt wurde Lisa M. offenbar am Dienstagabend lebend gesehen. Blick spricht am Mittwoch mit einem Anwohner. Er erzählt: «Ich habe Lisa gestern noch spazieren sehen. Das war um 16.51 Uhr.» Er selbst sei mit dem Hund unterwegs gewesen. Das Mädchen habe aus Angst vor seinem Vierbeiner einen grossen Bogen um ihn herum gemacht. Er zeigt auf einen Waldweg und erklärt: «Hier ist sie dann in den Wald abgebogen und den Weg hochspaziert. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.» Der Schüler meldet seine Sichtung der Polizei.
Diese durchsucht derweil das Haus der Grosseltern. Durch die Fensterscheibe ist Blitzlicht zu sehen. «Die Mutter ist berufstätig, daher war das Mädchen oft hier», erzählt eine Anwohnerin. Es sei ein Schock, meint ein anderer Nachbar zu Blick. Es seien alles sehr liebe Leute – Spannungen oder Streitigkeiten habe man bei ihnen nie beobachtet. Einige Stunden später ist die Haustüre der Grosseltern mit einem amtlichen Siegel versehen, im Inneren ist es dunkel. Auch im Wohnhaus der 8-Jährigen selbst ist die Polizei am Mittwochnachmittag noch zu Gange: Mitarbeiter der Kriminaltechnik gehen ein und aus.
«Ich habe nicht Angst, für mich ist es der blanke Horror»
Nachbarin Ursula Sumberger (69) ist fassungslos, so etwas sei in der ruhigen und familiären Siedlung zuvor noch nie passiert. Sie findet alles äusserst eigenartig, hat ein mulmiges Gefühl und fragt sich: «Warum ist eine 8-Jährige um diese Zeit allein im Wald?» Lisa M. sei erst vor kurzem zusammen mit ihrer Mutter in den Wohnblock ganz bei ihr in der Nähe gezogen und immer durch ihre Freundlichkeit aufgefallen: «Sie war so ein herziges Meiteli.» Oft habe sie draussen mit anderen Kindern vor dem Haus gespielt.
Auch Nachbar Marco Zink (21) meint: «Jeden Tag, wenn ich mit meinem Hund raus bin, habe ich gesehen, wie sie meine Katze streichelte.» Das Kind habe wirklich viel Lebensfreude gehabt, meint der Berner. «Es ist traurig.»
Mehrere Mütter haben sich in der Nähe eines Spielplatzes versammelt. Sie haben die Tote teilweise gekannt. Alle haben sie Tränen in den Augen. «Wir können uns nicht vorstellen, was mit ihr passiert ist. Es ist schrecklich», meinen sie zu Blick. Sie würden ihre Kinder aus Angst jetzt nicht mehr aus den Augen lassen.
«Ich habe nicht Angst, für mich ist es der blanke Horror», sagt eine weitere Frau, die selber Kinder im schulpflichtigen Alter hat. «Ich lasse meinen Sohn nicht mehr allein zum Spielen nach draussen gehen, bis wir Gewissheit haben, wie es so weit kommen konnte.» Sie habe ihn von der Schule sogar heimgeholt, jetzt sitze er weinend zu Hause.
Polizei bittet um Hinweise aus der Bevölkerung
Um den mysteriösen Todesfall der Schülerin zu klären, bittet die Polizei um Mithilfe aus der Bevölkerung. Wer am Dienstagabend im «Papillon»-Quartier sowie im angrenzenden Könizbergwald verdächtige Beobachtungen gemacht oder das Mädchen noch gesehen habe, solle sich bitte melden.
Sprecherin Jolanda Egger am Mittwochabend zu Blick: «Bei uns sind bereits mehrere Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, wir gehen diesen jetzt nach.» Neben der Feinsuche am Fundort der Leiche seien auch im Umfeld des Kindes Ermittlungen durchgeführt worden, bestätigt Egger.
* Name geändert