Drama am Lagginhorn: Top-Alpinist übt Kritik
Deutsche zu geizig für den Bergführer?

Am Lagginhorn sterben fünf deutsche Touristen. Sie waren ohne Bergführer unterwegs. Haben sie am falschen Ort gespart?
Publiziert: 05.07.2012 um 21:29 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:10 Uhr
Pierre Mathey (46), Vizepräsident des Schweizer Bergführerverbands. (Montage Blick.ch)
Interview: Adrian Schulthess

Herr Mathey, auch Sie ­waren schon auf dem Lagginhorn. Der Berg gilt als «vergleichsweise einfach». Was heisst das?
Pierre Mathey: Wir stufen das Lagginhorn als mittelschwer ein. Das bedeutet, dass man sich im Gebirge grundsätzlich zurechtfinden muss, dass man mit den Grundsituationen am Berg vertraut ist. Es gibt beim Aufstieg Stellen, die über Gletscher führen. So etwas sollte man nicht zum ersten Mal ­machen, wenn man aufs Lagginhorn will. Und man muss die richtige ­Ausrüstung haben, Pickel und Steigeisen zum Beispiel.

Das Lagginhorn liegt 4010 Meter über Meer. Könnte diese Höhe beim Unfall eine Rolle gespielt haben?
Auf dieser Höhe wird die Luft schon dünn. Auch das sollte man bereits kennen, wenn man aufs Lagginhorn will. Ich kenne die Details auch nicht, könnte mir aber vorstellen, dass der Zurückgebliebene Probleme mit dem Atmen hatte.

Auf der Tour waren auch zwei Teenager, darunter ein 14-jähriges Mädchen. Ist das nicht zu jung zum Bergsteigen?
So pauschal kann man das nicht sagen. Ich habe selber Kinder in diesem Alter und nehme sie oft mit auf Touren. Alles ist eine Frage der Erfahrung. Ich kann mir theoretisch schon vorstellen, dass eine 14-Jährige die nötige Erfahrung hat für einen Berg wie das Lagginhorn.

Die fünf Deutschen waren nicht angeseilt, als sie abstürzten. ­Haben Sie eine Erklärung dafür?
Das wäre reine Spekulation. Es kann am Berg an fast jeder Stelle gute Gründe dafür geben, nicht angeseilt zu sein. Ich selber kann dazu nur sagen: Meine Gruppen führe ich grundsätzlich immer angeseilt auf das Lagginhorn. Ab der Weissmies-Hütte. Auch auf dem Gipfel bleibt das Seil dran, ebenso für den Abstieg.

Die Gruppe stammt nicht aus dem Wallis, war aber ohne Bergsteiger unterwegs. Ein Fehler?
Wenn man die nötige Erfahrung hat, kann man das Lagginhorn schon ohne Bergführer besteigen. Im Zweifel sollte man ­sicher einen mitnehmen. Wir machen aber schon länger die Beobachtung, dass gerade deutsche Bergsteiger versuchen, möglichst günstig davonzukommen. Dann ist halt der Bergführer einer der ersten Posten, die man einspart. Auch wenn es nur um ein paar Hundert Franken geht.

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