Eigentlich ist es eine ruhige Strasse in Niederbipp BE. Eigentlich! Denn regelmässig donnern durch den Niederfeldweg Lastwagen und Autos. Und das, obwohl für dieses Gebiet ein Fahrverbot gilt. Mit der Ausnahme: Zubringerdienste.
Die Anwohner sind hässig. So auch Jürg K.* (75). Am 19. Juni um kurz nach 15.15 Uhr platzt ihm der Kragen. Er stellt sich einem Lastwagen in den Weg.
«Daraufhin hielt das Fahrzeug kurzzeitig an und setzte seine Fahrt danach in Richtung Industrie Ost fort. Dabei wurde der Mann, der sich auf die Strasse begeben hatte, durch das Fahrzeug erfasst und verletzt», wie Dino Dal Farra von der Kantonspolizei Bern auf Anfrage mitteilt. K. muss ins Spital gebracht werden. Der Chauffeur brauste davon. Von ihm fehlt bislang jede Spur.
«Es ist tragisch, was passiert ist»
Mittlerweile konnte K. das Spital verlassen. Über seine Aktion will er aber nicht sprechen. Auch die Anwohner geben sich wortkarg. Nur so viel: «Er musste operiert werden und wird wohl nicht mehr richtig gehen können», sagt ein Nachbar zu BLICK.
Dass die Situation derart eskalierte, macht Gemeinderat Peter Marti betroffen. «Es ist tragisch, was am Niederfeldweg vorgefallen ist», sagt der FDPler. Er könne verstehen, dass die Anwohner frustriert seien. Gleichzeitig betont er aber: «Die Gemeinde tut ihr Möglichstes, um die Verkehrssituation zu verbessern. So werden aktuell weitere Massnahmen geprüft. Zum Beispiel eine Temporeduktion von 50 auf 30 km/h.
Niederbipp wird als Schleichweg genutzt
Seit Jahren kämpfen Gemeinde und die Anwohner gegen das Verkehrsproblem – vergeblich. Das Problem: das nahe gelegene Autobahn-Netz. «Wenn es auf der Autobahn Stau hat, dann weichen viele Autofahrer über Niederbipp aus», sagt Nadja Stauffiger, Leiterin der örtlichen Bauabteilung.
Ausserdem befinden sich zwei Unternehmen in Niederbipp. Die Bösiger Gemüsekulturen AG und die Hygieneartikel-Firma Kimberly-Clark. «Wir haben die beiden Firmen mehrfach darauf aufmerksam gemacht und darum gebeten, dass ihre Fahrer die korrekte Route wählen. Leider ohne Erfolg, da ortsfremde Fahrzeuge teils lediglich auf das Navigationsgerät schauen», erklärt die Chefin der Bauabteilung.
Fahrer halten sich an das Verbot
Diesen Vorwurf weist Gemüseproduzent Beat Bösiger entschieden zurück. Er wohnt selber im Niederfeldweg, weiss wie schlimm die Situation ist. Der Firmen-Chef beteuert: «Unsere eigenen Lastwagenchauffeure haben die Anweisung, auf direkten Weg auf die Hauptstrasse oder durchs Industriegebiet nach Oensingen auf die Autobahnauffahrt zu fahren.»
Ob sich auch Kimberly-Clark laut eigener Aussage an das Fahrverbot hält, ist unklar. Die Hygiene-Firma liess eine Anfrage unbeantwortet. Fakt ist: Trotz Fahrverbot wird der Niederfeldweg von Lastwagen genutzt.
* Name geändert