Beat Perren spendierte der Air Zermatt vor 50 Jahren den ersten Helikopter
Er liess den Rettern Flügel wachsen

Helikopter haben die Bergrettung revolutioniert. Vorangetrieben hat diese Entwicklung ein Apotheker aus Zermatt. Beat Perren. Der damalige Pionier übergibt nun das VR-Präsidium an die nächste Generation.
Publiziert: 30.06.2018 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2018 um 17:53 Uhr
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Im September 1970 zeigt Air Zermatt, dass sie Bergsteiger aus steilen Nordwänden retten kann.
Foto: zvg
Cyrill Pinto

Vor fünfzig Jahren lebte Zermatt VS gefährlich: War das Dorf durch Schnee von der Umwelt abgeschnitten, gab es keinen Arzt. «Es war üblich, dass man Patienten auf einer Bahre in den Postwaggon der Bahn stellte – der Pöstler kümmerte sich dann um sie», erinnert sich Beat Perren (88).

Trotz seines Alters kommt Perren noch immer jeden Tag in seine Apotheke an der Bahnhofstrasse. Auf seinem Schreibtisch steht der neue Air-Zermatt-Kalender: «Den haben wir uns zum Geburtstag geschenkt.» Dieses Jahr feiert Air Zermatt den 50. Jahrestag ihrer Gründung. Perren trug massgeblich zur Entstehung des ersten Schweizer Heli-Unternehmens bei – durch den Kauf eines Augusta-Bell Jet Ranger. Der war sein Beitrag im Kampf gegen die völlig unzureichende medizinische Versorgung Zermatts.

Plötzlich konnte man sofort helfen

Bergrettungen dauerten damals häufig tagelang. Bis zu 25 Retter und ihr Material mussten zu Fuss zum Unglücksort geschafft werden. Sassen die Opfer in einer Felswand fest, liess man die Helfer per Seilwinde zu ihnen hinab. Viele Verunglückte konnten nicht mehr rechtzeitig gerettet werden.

«Der Heli vereinfachte vieles», sagt Perren. Mit dem Helikopter war es plötzlich möglich, den Verunglückten sofort zu helfen. Die zweite Maschine der Air Zermatt war mit einer Seilwinde ausgerüstet, um Verunglückte direkt aus Steilwänden zu holen. So gelang 1971 die erste Heli-Rettung aus der Eigernordwand. «Als wir den Vorschlag machten, einen Bergführer in der Wand abzusetzen, zeigte man uns zuerst den Vogel.» Doch das waghalsige Unternehmen gelang, und eine Gruppe blockierter Alpinisten aus Spanien flog ins Tal.

«Diese Aktion veränderte die Bergrettung komplett», so Perren. Die Bilder davon gingen um die Welt; Günther Amann (78), Air-Zermatt-Mann der ersten Stunde, erhielt den Heroism Award, die höchste Auszeichnung für Piloten. Die Flieger aus dem Herzen der Alpen zählen zu den besten der Welt. Im Lauf der Jahre erhielt Air Zermatt den Preis gleich mehrfach.

Spaltenrettungen – ein riesige Herausforderung

Eine schier unlösbare Aufgabe stellten Spaltenunglücke dar. Zwar kamen die Retter aus Zermatt dank Heli rascher an den Unfallort. Tief im Eis Eingeklemmte herauszuholen, war aber weiterhin kaum möglich. «Immer wieder wurden wir zu Spaltenrettungen gerufen», so Perren. «Doch wir konnten oft nichts ausrichten – weder mit Eispickel, Haken oder Netzen bekamen wir die Leute heraus.»

Air Zermatt erfand darum nicht nur das Transportmittel neu: Sie entwickelte auch kleine Kompressoren, mit denen Verunglückte aus dem Eis herausgemeisselt werden konnten. Dann folgte das Dreibein, ein Metallgestell über der Gletscherspalte, mit dem die Retter per Seilwinde zu den Verunglückten hinabkommen.

Bald kommt Helikopter Nr. 10

Perren erinnert sich an einen Italiener am Monte Rosa, der nach fünfstündiger Arbeit aus 42 Metern Tiefe gehievt wurde. Seine Körpertemperatur lag bei 17 Grad. «Er überlebte – und heiratete später die Krankenschwester, die ihn gepflegt hatte», lacht Perren voller Stolz. Auch die Rettung aus einer Seilbahn 1972 war ein Novum.

Heute stehen in den Hangars der Air Zermatt neun Helikopter, in diesen Tagen kommt ein weiterer hinzu. Und es kommt zum Generationenwechsel: Beat Perren gibt das Verwaltungsratspräsidium an seinen Sohn ab, den Zürcher Anwalt Philipp Perren (59). So ist sicher: Die Zermatter Helis werden noch viele Menschen aus Lebensgefahr retten.

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