Das Berner Regionalgericht hat am Donnerstag eine führere Buchhalterin einer Berner Bildungsorganisation wegen Veruntreuung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Die Frau hatte während fünf Jahren unbemerkt 1,5 Mio. Franken abgezweigt. Dann zeigte sie sich selber an.
Schuldig gesprochen wurde die heute 44-jährige Frau wegen mehrfacher Veruntreuung, Urkundenfälschung und Pfändungsbetrugs. Von den 36 Monaten Freiheitsstrafe muss die Verurteilte 12 Monate verbüssen. Für die 24 Monate, die bedingt ausgesprochen wurden, ordnete das Gericht eine Probezeit von drei Jahren an.
Mit dem Strafmass, das den Anträgen von Anklage und Verteidigung entspricht, sei das Gericht an die untere Grenze gegangen, erklärte der Gerichtspräsident. Bei der Deliktsumme von 1,5 Millionen Franken handle es sich um einen sehr hohen Betrag.
Der Angeklagten hielt er zugute, dass sie sich selber angezeigt und während des Strafverfahrens alle Karten auf den Tisch gelegt habe. Trotz ihrer Kooperationsbereitschaft sei dem Gericht aber aufgefallen, dass die Angeklagte bis heute «Wunschvorstellungen nicht von der Realität unterscheiden» könne.
Sie hätte früher zur Einsicht kommen können, dass es unmöglich war, das während fünf Jahren abgezweigte Geld eines Tages zurückzahlen zu können. Gleichzeitig sei es nur schwer nachvollziehbar, dass die Veruntreuungen während all dieser Jahre nie ans Licht gekommen waren.
Die Frau arbeitete von 2007 bis 2012 als Buchhalterin bei der Organisation der Arbeitswelt (OdA) Gesundheit Bern. Die von Spitälern, Spitex-Organisationen, Berufsverbänden und vom Kanton Bern getragene Organisation betreibt ein Bildungszentrum für die Gesundheitsbranche.
Im Mai 2012 kündigte die Frau ihre Stelle und zeigte sich ein paar Monate später selber an, um reinen Tisch zu machen, wie sie am Prozess erklärte. Im Laufe der Untersuchungen verdoppelte sich die Deliktsumme von den selbst angezeigten 870'000 Franken auf rund 1,5 Mio. Franken.
Das Geld brauchte die verheiratete Mutter zweier Kinder, um einen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren und Löcher in drei Privatfirmen zu stopfen. Mit diesen Geschäften - einem Coiffeursalon sowie Kosmetikvertrieben - wollte die Frau für ihren Ehemann, der ohne Einkommen dastand, eine selbständige Erwerbsarbeit aufbauen.
Die Summen zweigte die Frau ab, indem sie Dozentenhonorare doppelt auszahlte. Zudem stellte sie selber fiktive Honorarrechnungen aus. Zupass kam der Frau, dass der Umsatz der Bildungsorganisation in jenen Jahren stark anstieg.
Die OdA Gesundheit Bern hat die Lehren aus dem Betrugsfall gezogen und ein umfassendes internes Kontrollsystem, wie die Organisation am Donnerstag nach der Urteilsverkündigung mitteilte. Die durch den Betrug entstandenen Verluste kompensierte die OdA durch Überschüsse und Rückstellungen. (SDA)