Berner Polizei greift radikal durch
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An Corona-Demo:Berner Polizei greift radikal durch

Bern stoppt Skeptiker mit Grossaufgebot – in Urnäsch lässt die Polizei sie gewähren
So kriegt man Corona-Demos in den Griff

Sie halten nichts von Abstand, haben keine Bewilligung und ziehen trotzdem Woche für Woche durchs Land. Die Polizei lässt die Corona-Skeptiker meistens gewähren – nicht so in Bern.
Publiziert: 16.05.2021 um 20:48 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2021 um 20:51 Uhr
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Rigoroses Durchgreifen: Hunderte Polizisten verhinderten am Wochenende in Bern eine Corona-Grossdemo.
Foto: KEYSTONE/Peter Klaunzer
Marco Latzer, Daniel Egli und Rebecca Spring

Jede Woche demonstrieren die Gegner der Corona-Massnahmen des Bundes inzwischen irgendwo. Ohne Bewilligung, Abstand und Masken marschieren die Demonstranten durch Ortschaften wie Liestal BL, Wohlen AG, Altdorf UR, Rapperswil SG – oder an diesem Wochenende Urnäsch AR und Bern. Mal sind es einige Hundert, mal mehrere Tausend.

So unterschiedlich wie die Destinationen der Massnahmenskeptiker sind auch die Vorgehensweisen der Polizeien. Die meisten Korps lassen die Demonstrierenden mit Verweis auf Verhältnismässigkeit und Demonstrationsfreiheit gewähren. Trotz Covid-Verordnung.

Auf Worte folgen nur selten Taten

Trotz angedrohter Konsequenzen im Vorfeld. Musterbeispiel Altdorf: «Stand jetzt werden wir keine Kundgebungen dulden und diese polizeilich unterbinden», sagte Reto Pfister, Kommandant der Urner Kantonspolizei, zu Blick.

Anderthalb Wochen später zogen rund 500 Massnahmenskeptiker durch Altdorf, bestiegen das Telldenkmal. In Erinnerung blieben vereinzelte Pfefferspray-Einsätze gegen die Menschenmasse. Der Ankündigung, rigoros durchzugreifen, kam man zuletzt trotzdem nicht nach.

Anders das Beispiel Bern am Wochenende: Als die Behörden Wind davon bekamen, dass bis zu 50'000 Corona-Skeptiker aufmarschieren wollen, fuhren sie grosses Geschütz auf. Hunderte Polizisten riegelten den Bundesplatz rigoros ab und unterbanden Menschenansammlungen im Keim.

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Bern kannte kein Pardon

«Ich ziehe eine positive Bilanz seitens der Polizei», sagt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (49) gegenüber Blick. 170 Wegweisungen wurden ausgesprochen. Wie viele Menschen tatsächlich in der Bundesstadt demonstrieren wollten, bleibt allerdings völlig offen.

«Die Skeptiker waren nur schwierig auszumachen. Im Prinzip haben wir jeden angesprochen, der keine Maske trug», gesteht Nause. Als entscheidend nennt der CVP-Politiker das grosse Polizeidispositiv, die vorhandene Vorbereitungszeit und das schlechte Wetter.

Ausserrhoder wurden von Spontandemo überrumpelt

Weil die Berner nicht kuschten, zogen die Demonstrierenden kurzerhand nach Urnäsch weiter. Allerdings war die Verwirrung rund um den Standort so gross, dass sich nur 500 Teilnehmer ins Appenzellerland verirrten. Trotzdem liess die Polizei sie gewähren und zeigte nur die Organisatoren an.

Für Andreas Widmer, pensionierter Extremismus- und Demonstrationsexperte, ist es eine Mentalitätsfrage: «Die Appenzeller sind urchige Leute, Proteste mit Kuhglocken wirken auf sie urschweizerisch. In Bern werden dagegen die BAG-Regeln gemacht. Und dort, wo die Regeln gemacht werden, wird durchgegriffen!»

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